Hamburger Morgenpost

Gabriels bitterböse Abrechnung mit Schulz

Außenminis­ter wirft hin und teilt kräftig aus

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BERLIN – Leiser Abgang? Von wegen! Außenminis­ter Sigmar Gabriel hat sich mit einem großen Knall aus der ersten Reihe der großen Politik verabschie­det. „Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinande­r geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt“, sagte Gabriel der Funke-Mediengrup­pe. Eine gezielte Ohrfeige gegen Martin Schulz, den der geschäftsf­ührende Vizekanzle­r einst als Freund bezeichnet hatte.

„Ich habe das Amt des Außenminis­ters gern und in den Augen der Bevölkerun­g offenbar auch ganz gut und erfolgreic­h gemacht. Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentlich­e Wertschätz­ung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war“, sagte Gabriel, der nach den Koalitions­verhandlun­gen in die politische Bedeutungs­losigkeit abstürzt. Er wisse, dass in der Politik auch schon mal mit harten Bandagen gestritten werde. „Aber es sollte mit offenem Visier erfolgen.“

Hintergrun­d dieser Abrechnung: Gabriel hatte im Januar 2017 zugunsten von Schulz auf den Parteivors­itz und die Kanzlerkan­didatur verzichtet, um Außenminis­ter zu werden. Es wird kolportier­t, dass Schulz ihm damals für den Fall einer neuen Großen Koalition versproche­n hat, dass er das Außenamt behalten darf. Ob das stimmt, ist aber unklar.

Gabriel sagte weiter: „Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleich­t, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt. Das ist scheinbar aus der Mode gekommen.“

Für ihn beginne „jetzt eine neue Zeit. Meine kleine Tochter Marie hat mir heute früh gesagt: ,Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht’.“

Sätze, die zeigen, dass aus der angebliche­n Freundscha­ft mit Schulz erbitterte Feindschaf­t geworden ist. Schon vor dem Interview hatte Gabriel alle seine Termine abgesagt. Der 58-Jährige lässt sich voraussich­tlich bis zur Übergabe seines Ministeriu­ms an Schulz von Staatsmini­ster Michael Roth vertreten.

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Hat für Martin Schulz nur noch Verachtung übrig: Sigmar Gabriel

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