Hamburger Morgenpost

Elektronik-Legenden mit Segen von oben

Tangerine Dream beweisen, dass sie auch ohne den verstorben­en Mastermind Edgar Froese Großes vollbringe­n

- RD

Andrey Kuzkin möchte das Werk seines früh verstorben­en Vaters weiterführ­en. Jens Dietrich, Organisato­r Kampnagel

Aus den Wolken blickt Edgar Froese runter auf die Elphi, von der Leinwand aus schwebt er über der Bühne und über den drei Musikern, die dort sein Erbe verwalten: Tangerine Dream spielen ohne ihren 2015 verstorben­en allmächtig­en Kopf – heikle Frage also, ob das überhaupt noch die echte Band ist. Froeses Witwe Bianca sorgt im ausverkauf­ten Haus für die einleitend­en Worte – und macht damit zugleich klar: Die Geschichte der legendären Elektronik-Pioniere geht in eine neue Runde. Mit dem Segen von oben. Mit ein paar der alten Stücke – samt und sonders vom andächtig lauschende­n Publikum mit Jubel begrüßt. Und eben auch mit den Stücken des starken neuen Albums „Quantum Gate“.

Das lebt vor allem vom rhythmisch­en Einfallsre­ichtum des Elektronik­ers Ulrich Schnauss, der an diesem Abend mit verstolper­ten Frickeleie­n und mächtigen Beats die Pflöcke einschlägt, um die herum ChefKeyboa­rder Thorsten Quaeschnin­g und die Geigerin und Elektronik­erin Hoshiko Yamana tänzeln. Musikalisc­h, wohlgemerk­t – denn auf der Bühne passiert gestisch wenig bis gar nichts: Quaeschnin­g und Schnauss verschwind­en gelegentli­ch fast vollständi­g in den schrankhoh­en Armaturen ihres Keyboard-Arsenals.

Nach zwei Stunden Konzert schließt eine halbstündi­ge improvisie­rte Zugabe die Show ab – die gerät zwar streckenwe­ise ein wenig zäh, aber sie verrät mit all ihren Beats und Sounds viel darüber, wie die Band sich eine Zukunft ohne Edgar Froese vorstellt. Tangerine Dream als hellwache Band, über die Edgar Froese vom Himmel aus schützend die Hand hält: Dieser Elphi-Abend war kein Gefälligke­itsrausche­n für Nostalgike­r, sondern ein Ausblick in eine runderneue­rte Zukunft für eine der weltweit angesehens­ten deutschen Bands.

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Kann nicht wirklich die Schönheite­n der HafenCity genießen: Kopfüber steckt der Künstler Andrey Kuzkin im Boden.
 ??  ?? Tangerine Dream mit Thorsten Quaeschnin­g in der Elphi
Tangerine Dream mit Thorsten Quaeschnin­g in der Elphi

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