Die Königin der Kälte
Erst Tiumph, dann Kollaps:
Der Stadionsprecher ahnte nicht, wie richtig er lag, als er Laura Dahlmeier beim Zieleinlauf mit dem Ausruf „Hier kommt die Eisfrau“begrüßte. Er dachte wohl mehr an die eiskalten Nerven, die die Siegerin erneut beim Schießen bewiesen hatte. „Brutal“sei es gewesen, sagte die 24-Jährige, nachdem sie als erste Biathletin überhaupt nach dem Sprint auch die Verfolgung gewonnen hatte. Laura, die Königin der Kälte.
Die Finger waren ihr bei eisigen Temperaturen von zehn Grad unter Null auf der Strecke eingefroren, im Ziel schoss der Schmerz in die Hände. Doch ehe sie zum Aufwärmen ging, deutete Dahlmeier in den Himmel. „Ganz alleine hätte ich das nicht geschafft“, sagte sie, eingehüllt in zwei Daunenjacken, später. „Das war eine kleine Geste an alle, die mich immer unterstützen.“Die positive Energie, die ihr Fans, Familie und das Betreuerteam geben, hatte sie zuvor bitter nötig gehabt.
Zwei Tage nach dem Olympia-Erfolg, dem sie seit Kindheitstagen entgegengefiebert hatte, waren ihre Beine ausgelaugt – und die Konkurrenz aufgestachelt. Doch wie schon beim Sprint-Triumph ließ sich Dahlmeier mehr Zeit als die Konkurrentin, erneut nutzte sie ihre Fähigkeit, die Kontrahentin aus- und die fünf Scheiben einzublenden. Dahlmeier traf mit klammen Fingern bei der vorletzten Schießeinlage alle fünf ! „Das war wichtig, weil ich läuferisch nicht so in Topform war wie im Sprint“, sagte sie, und der Dank ging dann eben auch an all die fernen Kraftspender: „Es gibt so viele Leute, die einem überall auf der Welt die Daumen drücken.“
Von einem deutschen Standpunkt aus betrachtet, hat das IOC also alles richtig gemacht mit dem bizarren Wettkampfkalender, der ein Kniefall vor den zahlenden Fernsehanstalten ist. Die Biathleten messen sich immer erst spät abends, wenn die Sonne längst untergegangen ist. Das hat aber eben zur Folge, dass vor Ort eigentlich nur Familienangehörige, Freunde und Betreuer Zeugen der sportlichen Ausnahmeleistungen werden. Schade!
„Hier sind nicht so viele Zuschauer, die Stimmung ist nicht so toll“, stellte nach dem Verfolgungsrennen auch Benedikt Doll fest. Also feierte er seine Bronzemedaille, die er sich dank eines Heizkissens im Handschuh erkämpft hatte, eben mit den Kollegen.