Hamburger Morgenpost

Die Königin der Kälte

Erst Tiumph, dann Kollaps:

- BENEDIKT PAETZHOLDT UND MAX BOSSE redaktion-sport@mopo.de

Der Stadionspr­echer ahnte nicht, wie richtig er lag, als er Laura Dahlmeier beim Zieleinlau­f mit dem Ausruf „Hier kommt die Eisfrau“begrüßte. Er dachte wohl mehr an die eiskalten Nerven, die die Siegerin erneut beim Schießen bewiesen hatte. „Brutal“sei es gewesen, sagte die 24-Jährige, nachdem sie als erste Biathletin überhaupt nach dem Sprint auch die Verfolgung gewonnen hatte. Laura, die Königin der Kälte.

Die Finger waren ihr bei eisigen Temperatur­en von zehn Grad unter Null auf der Strecke eingefrore­n, im Ziel schoss der Schmerz in die Hände. Doch ehe sie zum Aufwärmen ging, deutete Dahlmeier in den Himmel. „Ganz alleine hätte ich das nicht geschafft“, sagte sie, eingehüllt in zwei Daunenjack­en, später. „Das war eine kleine Geste an alle, die mich immer unterstütz­en.“Die positive Energie, die ihr Fans, Familie und das Betreuerte­am geben, hatte sie zuvor bitter nötig gehabt.

Zwei Tage nach dem Olympia-Erfolg, dem sie seit Kindheitst­agen entgegenge­fiebert hatte, waren ihre Beine ausgelaugt – und die Konkurrenz aufgestach­elt. Doch wie schon beim Sprint-Triumph ließ sich Dahlmeier mehr Zeit als die Konkurrent­in, erneut nutzte sie ihre Fähigkeit, die Kontrahent­in aus- und die fünf Scheiben einzublend­en. Dahlmeier traf mit klammen Fingern bei der vorletzten Schießeinl­age alle fünf ! „Das war wichtig, weil ich läuferisch nicht so in Topform war wie im Sprint“, sagte sie, und der Dank ging dann eben auch an all die fernen Kraftspend­er: „Es gibt so viele Leute, die einem überall auf der Welt die Daumen drücken.“

Von einem deutschen Standpunkt aus betrachtet, hat das IOC also alles richtig gemacht mit dem bizarren Wettkampfk­alender, der ein Kniefall vor den zahlenden Fernsehans­talten ist. Die Biathleten messen sich immer erst spät abends, wenn die Sonne längst untergegan­gen ist. Das hat aber eben zur Folge, dass vor Ort eigentlich nur Familienan­gehörige, Freunde und Betreuer Zeugen der sportliche­n Ausnahmele­istungen werden. Schade!

„Hier sind nicht so viele Zuschauer, die Stimmung ist nicht so toll“, stellte nach dem Verfolgung­srennen auch Benedikt Doll fest. Also feierte er seine Bronzemeda­ille, die er sich dank eines Heizkissen­s im Handschuh erkämpft hatte, eben mit den Kollegen.

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Benedikt Doll (27) holte in der Verfolgung hinter dem Franzosen Martin Fourcade und dem Schweden Sebastian Samuelsson Bronze.
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