Hamburger Morgenpost

„Die Leute wollen den Schweißdes Künstlers riechen“

Er holte die Stars nach Hamburg: Konzert-Mogul HansWerner Funke feiert seinen 80.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE TILL STOPPENHAG­EN

Er brachte 60 Jahre lang Stars wie die Rolling Stones, Hildegard Knef, James Last und Slayer nach Hamburg: Hans-Werner ist eine lebende Legende unter den Hamburger Konzertver­anstaltern. Morgen feiert der Impresario, der sich vor vier Jahren aus dem Geschäft zurückzog, seinen 80. Geburtstag – mit Gulaschsup­pe in der Elphi.

MOPO: Sind Sie gar nicht mehr ins Geschäft involviert? Hans-Werner Funke: Nein, das Tagesgesch­äft macht mein Sohn Pascal. Wenn ich ins Konzert gehe, dann nur zum Vergnügen. Nur wenn der Künstler um acht noch nicht auf der Bühne ist, werde ich etwas nervös. Das habe ich noch im Blut.

Wann haben Sie denn den Entschluss gefasst, sich aus dem Geschäft zurückzuzi­ehen?

Ab 60 spürt man alle fünf Jahre, dass die Kraft weniger wird. Du möchtest noch mehr machen, aber du kannst es nicht. Und mit 75 habe ich zu Pascal gesagt: Ich höre am 1.7.2014 auf. Da war ich 76 und 60 Jahre im Beruf – und das war genau der richtige Moment.

Wie sah Ihr Arbeitstag damals aus? Es ist ein wunderschö­ner Beruf, aber er besteht aus zwei Schichten. Die erste geht von 9 bis 18 Uhr im Büro, dann gehst du in den Saal, das Konzert beginnt, und danach möchte der Künstler vielleicht noch etwas essen. Um eins oder zwei bist du zu Hause, und am nächsten Tag musst du um 7 Uhr wieder raus. Da muss die Ehefrau mitziehen. Meine Frau ist mit 72 Jahren gestorben, aber eigentlich ist sie 144 Jahre alt geworden, denn sie hat mit mir zusammen diese Firma aufgebaut. Ohne sie hätte ich nie den Erfolg gehabt.

Sie sind Textilkauf­mann, haben als 16-Jähriger Jazzkonzer­te veranstalt­et und sich 1959 selbststän­dig gemacht. Wie war das Runterkomm­en nach 60 Jahren Dauerstres­s? Man muss sich langsam rausschlei­chen. Ich hatte schon vorher allmählich die Tage reduziert. Sofort auf null, das klappt nicht. Gleich beim ersten Klassikkon­zert in der Laeiszhall­e verloren Sie mehr als die Hälfte Ihres Firmenverm­ögens. Aber Aufgeben kam nicht infrage?

Nein. Ich konnte immer gut Menschen gewinnen, und ich habe nie den Optimismus verloren, auch wenn ich an einem Abend Tausende Mark verloren habe.

Stand die Firma mal auf der Kippe?

Wir hatten mehrere Tiefs. Bei „Stars und Hits 81“habe ich in einem Monat 350 000 Mark verloren. Da fragt man sich schon, wie lange man

das noch machen will. Aber meine Frau hat gesagt: HansWerner, das ist das, was du kannst, wir machen weiter.

Heute werden Konzerte als VirtualRea­lity-Erlebnis ins Wohnzimmer gestreamt. Könnte das für nachfolgen­de Generation­en ein Ersatz für das echte Konzert sein? Nein. Man will doch dieses Gemeinscha­ftsgefühl haben. Man will den Schweiß des Künstlers riechen, der perlend von der Bühne kommt. Das kann man zu Hause nicht haben.

Wie feiern Sie Ihren Geburtstag? Wir gehen mit ein paar Freunden zum London Philharmon­ic Orchestra mit Christoph Eschenbach in die Elbphilhar­monie. Eschenbach hat bei mir vor 55 Jahren seinen ersten Klavierabe­nd gegeben. Danach gibt’s mit den Künstlern und meinen Freunden einen Umtrunk in der Circle Lounge mit ’ner kräftigen Gulaschsup­pe. Und um Mitternach­t gehen wir alle nach Hause.

Ich habe nie den Optimismus verloren, auch wenn ich an einem Abend Tausende Mark verloren habe. Hans-Werner Funke

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Hans-Werner Funke hat 60 Jahre lang die großen Stars nach Hamburg geholt.
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MOPO-Reporter Till Stoppenhag­en (l.) beim Interview mit Hans-Werner Funke in dessen Wohnzimmer

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