Mein Kampf gegen die Dealer
Vierfache Großmutter dokumentiert jeden Tag die Drogengeschäfte direkt vor ihrer Haustür. wie die Polizei auf ihre vielen Hundert Strafanzeigen reagiert
davon Abzüge. Schließlich kopiert sie die Ausdrucke und schreibt Briefe an Senatoren, Justiz und Polizei. Und das offenbar seit mehr als zehn Jahren.
Reaktionen aber blieben größtenteils aus. Nur ein Mal habe ihr Polizeipräsident Ralf Martin Meyer persönlich geantwortet. Im Juni 2016. „Mit dem Ziel der Intensivierung der Bekämpfung der öffentlich wahrnehmbaren Drogenkriminalität ist eine Task-Force eingerichtet worden“, zitiert sie. „Auf meinen Bildern sieht man aber, wie stumpf das Schwert noch immer ist.“
Fragt man bei der Polizei nach, scheint die Arbeit von Heike W. nicht umsonst zu sein. „Ihre Bemühungen haben zu vielen Strafanzeigen geführt. Das ein oder andere Mal wurden aufgrund ihrer Tipps sogar Täter festgenommen“, so ein Polizeisprecher.
Die Beamten versuchen mit aller Macht, den offenen Straßenhandel vor allem auf St. Pauli und im Schanzenviertel zu bekämpfen. 2017 wurden gegen 272 Dealer Haftbefehle vollstreckt. „Wir sind täglich in den bekannten Gebieten mit mehreren Einsatzkräften unterwegs und gehen jeder noch so kleinen Spur konsequent nach“, so der Sprecher.
Allerdings: Kaum sind die Beamten an den bekannten Dealer-Hotspots mal nicht vor Ort, läuft das Geschäft wie eh und je.
Heike W. will dennoch nicht aufhören. Ihr machen die Dealer vor allem Angst: „Hier in der Schanzenstraße ist gleich neben der Spielhalle eine Grundschule. Wir konnten meine Enkelkinder hier nicht einschulen, weil es einfach zu gefährlich ist“, sagt sie. „Auch wenn ich meine Familie treffen will, müssen wir das immer an einem anderen Ort machen.
Die Dealer stehen ja direkt vor meiner Haustür.“
Ihre Beobachtungen handeln ihr aber auch direkten Ärger ein: „Vor zwei Jahren hat mich einer wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten angezeigt“, sagt die Seniorin. Außerdem werde sie regelmäßig bedroht. „Sie rufen mir dann so etwas wie ,I kill you‘ hinterher.“Abends gehe sie schon nicht mehr raus. „Ich will, dass die Szene von hier verschwindet. Eher gebe ich den Kampf nicht auf.“