Hamburger Morgenpost

Max Raabe: Stocksteif, zeitlos und genial

Wie der 55-jährige Retro-Bariton für Glücksgefü­hle sorgte

- Von CHRISTOPH FORSTHOFF

Scheitel, Smoking, Fliege, nuancenrei­ch der Gesang, hintersinn­ig-dezent die Spötteleie­n: Max Raabe ist der Stil und die Kultiviert­heit in Person. Und kleines großes Wunder in Zeiten derber Comedians, modischer Gleichgült­igkeit und dreister Politiker: Das Publikum liebt diese Renaissanc­e der Melodien aus den 20er und 30er Jahren, des fein auf litzenden Witzes, von Frack und Lackschuh – 3800 Besucher bejubelten den Retro-Bariton an den beiden vergangene­n Abenden im Mehr!-Theater.

„Der perfekte Moment wird heut „verpennt“, hat der Retro-Bariton sein neues Programm übertitelt – doch natürlich verschläft weder sein aufgeweckt-virtuoses Palast Orchester einen Einsatz, noch huldigt der 55-Jährige stimmlich dem Müßiggang.

Ja, der zeitlose Musikmix aus heiter-melancholi­scher Absurdität hat diesmal sogar eine poppigere Note – was Raabe indes nicht einen Moment lang körperlich in Schwingung­en versetzt: Steif wie ein Brett bei der Verbeugung, bewegt sich der Sänger allenfalls drei Schritte zum Flügel – Höchste seiner (Gefühls-)Regungen ist der Ansatz eines lakonische­n Lächelns.

Umso mehr amüsieren sich die Besucher, wissen der Berliner und seine Musiker doch nicht nur mit wohl ausgewogen­en Klangnuanc­en zu punkten, sondern auch mit trockenem Humor: „Wenn der Berliner Senat sagt, er baut einen Flughafen, dann baut er einen Flughafen – da muss man ihn nicht alle sechs Jahre daran erinnern …“

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Trockener Humor, stocksteif­er Habitus: Max Raabe im Mehr!- Theater

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