Max Raabe: Stocksteif, zeitlos und genial
Wie der 55-jährige Retro-Bariton für Glücksgefühle sorgte
Scheitel, Smoking, Fliege, nuancenreich der Gesang, hintersinnig-dezent die Spötteleien: Max Raabe ist der Stil und die Kultiviertheit in Person. Und kleines großes Wunder in Zeiten derber Comedians, modischer Gleichgültigkeit und dreister Politiker: Das Publikum liebt diese Renaissance der Melodien aus den 20er und 30er Jahren, des fein auf litzenden Witzes, von Frack und Lackschuh – 3800 Besucher bejubelten den Retro-Bariton an den beiden vergangenen Abenden im Mehr!-Theater.
„Der perfekte Moment wird heut „verpennt“, hat der Retro-Bariton sein neues Programm übertitelt – doch natürlich verschläft weder sein aufgeweckt-virtuoses Palast Orchester einen Einsatz, noch huldigt der 55-Jährige stimmlich dem Müßiggang.
Ja, der zeitlose Musikmix aus heiter-melancholischer Absurdität hat diesmal sogar eine poppigere Note – was Raabe indes nicht einen Moment lang körperlich in Schwingungen versetzt: Steif wie ein Brett bei der Verbeugung, bewegt sich der Sänger allenfalls drei Schritte zum Flügel – Höchste seiner (Gefühls-)Regungen ist der Ansatz eines lakonischen Lächelns.
Umso mehr amüsieren sich die Besucher, wissen der Berliner und seine Musiker doch nicht nur mit wohl ausgewogenen Klangnuancen zu punkten, sondern auch mit trockenem Humor: „Wenn der Berliner Senat sagt, er baut einen Flughafen, dann baut er einen Flughafen – da muss man ihn nicht alle sechs Jahre daran erinnern …“