Das Gesicht des Bösen
Nikolas Cruz (19) erschießt mit seinem Sturmgewehr 17 Schüler und Lehrer, die er vorher mit einem Feueralarm aus den Klassenzimmern trieb. Das Psychogramm des Highschool-Killers
PARKLAND – Die einen hielten ihn f r einen „guten Jungen, den alle mochten“. Andere dagegen sahen in Nikolas Cruz eine „tickende menschliche Zeitbombe“. Am Valentinstag bewies der 19-Jährige, dass die düstere Beschreibung zutraf: In Parkland im Bundesstaat Florida richtet er das drittgrößte Schul-Massaker in der US-Geschichte an. Er erschießt 17 Menschen und verletzt Dutzende weitere.
Wieder so ein Verbrechen, das nicht nur in den USA Fassungslosigkeit auslöst. Es ist 14.40 Uhr, kurz vor Schulschluss, als Nikolas Cruz die Marjory Stoneman Douglas High School betritt – bewaffnet mit einem halbautomatischen Sturmgewehr vom Typ AR-15, Rauchgranaten und einer Gasmaske. Zunächst erschießt er drei Menschen außerhalb des Schulgebäudes und löst dann Feueralarm aus, um Lehrer und Schüler aus den Klassenräumen zu locken. In die allgemeine Panik feuert er 40 Schuss ab. Zwölf Menschen sterben sofort, mindestens fünf weitere erliegen im Krankenhaus ihren Verletzungen.
Schüler, Lehrer und Eltern schildern später furchtbare, entsetzliche Szenen. Wie sie an Leichen und Blutlachen vorbei die Schule verlassen mussten, wie sie sich in Abstellräumen und Spinden oder unter Schulbänken verbarrikadierten. Einige schreiben ihren Eltern via Handy stumme Hilfeschreie: „Was soll ich tun, wo soll ich hin?“
Wer ist dieser Junge, den die einen mochten und vor dem sich andere fürchteten?
Er wird als Kind zusammen mit seinem Bruder Zachary vom Ehepaar Lynda und Ross Cruz aus Florida adoptiert. Ein schwieriges Kind. Er war schon von zwei Schulen gef ogen, als er zur Marjory Stoneman Douglas kommt.
Hier eckt er immer wieder an. „Troubled kid“, das Problemkind, nennt man ihn. Mal schlägt er ohne Grund Fenster ein, mal erzählt er begeistert, er habe Ratten, Frösche und andere Kleintiere „abgeknallt“und „ein gutes Gefühl“ dabei gehabt. Dann muss er 2017 auch diese Schule verlassen.
Nach dem Tod des Vaters stirbt im vergangenen November auch seine Mutter Lynda im Alter von 68 Jahren. Nikolas ist Vollwaise, lebt bei Freunden, die von dem halbautomatischen Gewehr wissen.
Nachbarin Helen Pasciolla erinnert sich, dass Lynda Cruz ihr mal berichtete, der Junge habe Probleme. Die Mutter habe sich an die Polizei gewandt, sie angef eht, mal mit ihm zu reden. „Er war bestimmt verhaltensgestört, aber dass er gewalttätig werden könnte, hatte ich nie für möglich gehalten.“
Ganz anders dagegen der Tenor im „Dollar Tree“-Bil-
lig-Shop, wo Cruz zuletzt als Aushilfskraft an der Kasse arbeitete. „Alle mochten ihn hier.“
Ein früherer Klassenkamerad berichtet jedoch, die Angst, bei Nikolas Cruz könne es sich um eine Art menschlicher Zeitbombe handeln, sei bei seinen Mitschülern offensichtlich gewesen: Bei Diskussionen zum Thema Schulmassaker habe man mehrmals darüber gesprochen, ob so etwas auch an ihrer Schule möglich sei. „Und da haben einige tatsächlich gesagt, dass sie sich allenfalls Nikolas, der damals schon nicht mehr an der Schule war, für solch eine Tat fähig erachteten.“
Sie sollten auf entsetzliche Weise recht behalten.