Kuschelkurs mit der Türkei? Nein danke!
SPD will Stopp von Waffengeschäften. Merkel vorsichtig
BERLIN – Der treueste Gefolgsmann des türkischen Präsidenten Erdogan auf „Versöhnungsbesuch“: Ministerpräsident Binali Yildirim hat Kanzlerin Angela Merkel besucht – mit einer langen Wunschliste im Gepäck. Doch nach Zugeständnissen an die Türkei steht in der Hauptstadt nicht allen der Sinn. Auch die deutsche Regierungschefin gab sich zurückhaltend. Niels Annen, Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneter und außenpolitischer Sprecher seiner Partei, erklärte: „Solange dort ein Krieg geführt wird, im Nachbarland Syrien gegen die Kurden, kann ich mir Waffenlieferungen nicht vorstellen.“Die Türkei ist vor allem an einer Nachrüstung des in Deutschland entwickelten Leopard-2-Panzers interessiert. Die Opposition lehnt Waffenlieferungen ebenfalls ab – befürchtet aber einen Deal „Waffen gegen die Freilassung inhaftierter Deutscher“in der Türkei wie des Journalisten Deniz Yücel. Yildirim hatte eine „baldige Entwicklung“im Fall Yücel angekündigt. „Alles andere als eine Freilassung ohne Wenn und Aber wäre auch eine Ohrfeige an Deniz Yücel, der ja ausdrücklich nicht Gegenstand dubioser Tauschgeschäfte sein möchte“, erklärte Cem Özdemir (Grüne). Ähnlich sieht das auch Sahra Wagenknecht (Linke). Sie verlangt zudem ein Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen und den Stopp der millionenschweren europäischen Finanzund Kredithilfen, solange Yücel als „politische Geisel“in Haft sitzt.
Merkel betonte in einer gemeinsamen Pressekonfe-
renz mit Yildirim es gebe „keine Verknüpfung“dieser beiden Themen. Natürlich hoffe man aber auf eine baldige Freilassung Yücels. Nach möglichen Waffengeschäften gefragt, erklärte Merkel, es gebe bereits eine „restriktive Praxis“, ohne konkreter zu werden.
Yildirim kam auch mit dem Wunsch nach Berlin, die Zollunion mit der EU zu erweitern. Ankara würde diese u.a. gerne auf den Dienstleistungssektor und Teile der Landwirtschaft ausdehnen. Dies sei – ebenso wie die Frage nach der VisaFreiheit für Türken in Deutschland von „rechtsstaatlichen Fortschritten“in der Türkei abhängig und werde wohl noch viel Zeit brauchen, so Merkel.
Zum Streitpunkt „Terrorbekämpfung“hielten sich Merkel und ihr Gast weitgehend bedeckt. Ankara wirft Berlin unter anderem vor, nicht genug gegen die (verbotene) kurdische Arbeiterpartei PKK und die GülenBewegung zu tun,