Hamburger Morgenpost

Polen sollen Landsleute verpetzen

Das „Holocaust-Gesetz“treibt bizarre Blüten

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BERLIN – Ein Denunziant im fremden Land ... Die rechtskons­ervative polnische Regierung hat im Ausland lebende Landsleute aufgeforde­rt, vermeintli­ch antipolnis­che Äußerungen an staatliche Stellen zu melden. Ein entspreche­ndes Schreiben wird gerade weltweit über Botschafte­n und Konsulate verbreitet.

„Bitte dokumentie­ren Sie alle antipolnis­chen Äußerungen, Darstellun­gen und Meinungen, die uns schaden, und reagieren Sie darauf“, heißt es in dem Schreiben. „Informiere­n Sie unsere Botschafte­n und Konsulate über jede Verleumdun­g, die den guten Ruf Polens beeinfluss­t“, heißt es weiter. Der Brief ist vom polnischen Senatsmars­chall Stanislaw Karczweski unterschri­eben. Der Senat ist mit dem Bundesrat vergleichb­ar.

Hintergrun­d der Aufforderu­ng zur Denunziati­on ist ein neues „Holocaust-Gesetz“, das die Regierungs­partei PiS mit ihrem „starken Mann“Jaroslaw Kaczynski gegen erhebliche­n Widerstand verabschie­det hatte. Es bedroht diejenigen mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren, die „öffentlich und wahrheitsw­idrig dem polnischen Volk und Staat“eine Mitschuld an Verbrechen zuweisen, die durch das NSRegime begangen wurden. Ob – und wenn ja, welche – Maßnahmen zur Strafverfo­lgung vorgesehen sind, beantworte­te die polnische Botschaft bisher nicht.

Das Gesetz hatte zu Verstimmun­gen zwischen Israel und Polen geführt. Nicht nur israelisch­e Historiker sind sich einig: Auch in Polen hatte es – wie in anderen europäisch­en Ländern auch – Helfer für den Holocaust gegeben. In Polen hatte sich die Diskussion aber vor allem an Formulieru­ngen wie „polnische Todeslager“z.B. für Auschwitz entzündet.

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