Hamburger Morgenpost

Eis-Helden für die Ewigkeit

Sensation! Wunder! Märchen! Deutschlan­ds Kufen-Cracks besiegen auch Topfavorit Kanada. Finale gegen Russland. „Lass’ mal Olympiasie­ger werden!“

- BENEDIKT PAETZHOLDT UND MAX BOSSE redaktion-sport@mopo.de

Erst flogen die Handschuhe, die Schläger, es wurde gebrüllt und dann geschah etwas sehr Seltenes in dieser Sportart. Kräftige Männer mit Schrammen im Gesicht und playoff-tauglichen Bärten wischten sich Tränen aus den Augen. Diese deutschen Spieler haben mit dem 4:3 (1:0, 3:1, 0:2) gegen Kanada etwas im Eishockey geleistet, was in etwa so unvorstell­bar ist wie einst die Mondlandun­g. Erstmals haben sie Deutschlan­d in ein Olympia-Finale gebracht und in der Heimat einen Hype ausgelöst.

Wunder, Märchen – diese Worte, die in einem solchen Moment gerne gebraucht werden, wären zu schwach, um diese Sensation treffend zu umschreibe­n. Zuletzt hatte eine DEB-Auswahl 1976 in Innsbruck mit Bronze Edelmetall gewonnen.

„Was da auf dem Eis passiert ist, ist unwirklich“, bekannte Stürmer Frank Mauer. Man kann sich kaum vorstellen, was passiert, sollte diese Mannschaft am Sonntag gegen die unter neutraler Flagge antretende­n Russen Gold gewinnen (5.10 Uhr, MEZ). „Der Erfolg ist schon eine gefühlte Goldmedail­le“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s. „Es war ein Jahrhunder­tspiel.“

Kapitän Marcel Goc war besonders emotional. „Mein Sohn hat heute Geburtstag, und ich kann ihm als Geschenk einfach eine Medaille mitbringen“, stammelte er unter Tränen und verriet, nach dem Erfolgsgeh­eimnis befragt: „In unserer Kabine hing ein Plakat, auf dem stand: Glaube“. Und der Glaube, Großes zu leisten, wuchs mit jeder Minute des

Spiels gegen die Kanadier, die ohne ihre NHL-Stars spielten.

Wer das Bedürfnis hatte, sich bei Maceks 1:0 zu kneifen, musste sich im zweiten Drittel nach den Toren von Plachta, Mauer und Hager zum zwischenze­itlichen 4:1 schon foltern, um zu begreifen, was eine Truppe leistete, die als krasser Außenseite­r in dieses Turnier gegangen war und vor vier Jahren nicht einmal teilgenomm­en hatte.

In den Schlussmin­uten verteidigt­e das Team von Bundestrai­ner Marco Sturm das 4:3 leidenscha­ftlich.

Der Jubel grenzenlos – das Selbstvert­rauen auch. „Wir sind Deutsche, eine Turnierman­nschaft“, tönte Frank Hördler. Moritz Müller setzte noch einen drauf: „Warum sollen wir nicht Olympiasie­ger werden? Wir spielen doch das Finale – lass’ mal Olympiasie­ger werden!“

 ??  ?? Jubelschre­i: Stürmer Marcus Kink brüllt nach der erlösenden Schlusssir­ene seine Freude über den Sensations­sieg heraus.
Jubelschre­i: Stürmer Marcus Kink brüllt nach der erlösenden Schlusssir­ene seine Freude über den Sensations­sieg heraus.
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 ??  ?? Arm in Arm: Patrick Reimer (l.), Siegtorsch­ütze im Viertelfin­al-Krimi gegen Schweden, freut sich mit Sturm-Kollege Dominik Kahun.
Arm in Arm: Patrick Reimer (l.), Siegtorsch­ütze im Viertelfin­al-Krimi gegen Schweden, freut sich mit Sturm-Kollege Dominik Kahun.
 ??  ?? Goalie Danny aus den Birken war völlig aus dem Häuschen: Er wehrte ganz starke 28 von 31 Torschüsse­n ab (eine Quote von 90,32 Prozent).
Goalie Danny aus den Birken war völlig aus dem Häuschen: Er wehrte ganz starke 28 von 31 Torschüsse­n ab (eine Quote von 90,32 Prozent).
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