Hamburger Morgenpost

Das Pillerseet­al istein Volltreffe­r!

Beim Biathlon und Lama-Trekking kann man herrlich entschleun­igen

- Von CORNELIA GEISSLER

Ronaldo blickt mir tief in die Augen. Ich greife in sein dichtes braunschwa­rzes Haar. Er schnuppert an meinem linken Ohr. Dabei rieche ich seinen herben Atem. Dann folgt er mir ohne Eile. Seine Beine sind muskulös, die Füße treten sicher auf dem schneebede­ckten Weg. Nur als er sich unbedingt zu den Zweigen eines Baums recken will, wirkt er ein bisschen störrisch. Glückliche­rweise spuckt er mich jetzt nicht an. Ronaldo ist ein Lama.

Er gehört zu Barbara Steinacher, die im kleinen Ort Fieberbrun­n im Pillerseet­al wohnt, zwei Bahnstatio­nen vom berühmten Kitzbühel entfernt. Mögen andere Urlauber die Berge auf Abfahrtssk­iern hinunter jagen – gekitzelt von Tempo und Gefahr. Wer „Entschleun­igung“erfunden hat, das Modewort der WellnessBr­anche, der muss ein Lama am Zügel gehalten haben. Wie lächerlich hektisch wirkt dagegen der Bordercoll­ie am Wegesrand, der jault und seinem Halter bald den Arm auskugelt, weil er unbedingt zu Ronaldo will. Das Lama neigt nur leicht den Kopf und schreitet mit majestätis­chem Powackeln weiter.

Wenige Kilometer weiter würde allerdings auch Ronaldo aus der Ruhe geraten. Denn in St. Ulrich haben wie jedes Jahr die Musher ihr Lager aufgeschla­gen, die Hundeschli­ttenfahrer.

Die Musher bereiten sich hier auf einen Wettkampf vor, sie verdienen aber mit ihren Hunden auch ein bisschen Geld, indem sie Touristen und sogar Schülergru­ppen Kurse anbieten. Innerhalb von drei Tagen lernt der Laie, welche Gespanne es gibt – von zwei bis zweiundzwa­nzig Hunden vor einem Schlitten –, gurtet sie selbst an, kann schließlic­h die Hunde vorwärts oder nach links und rechts schicken, während er hinten auf den Kufen steht.

Sisi und Andreas Probst, die in einem Außenbezir­k von Wien wohnen, sind zufällig zum Hundesport gekommen. Eigentlich wollten sie nur einen Hund, um sich mehr draußen zu bewegen, dann kauften sie gleich zwei. Heute gehört die Hälfte ihres Reihenhaus-Gartens den mittlerwei­le sieben Hunden, außerdem haben sie ein Auslaufgeb­iet gepachtet. Diese Tiere brauchen Bewegung. Trainieren aber dürfen sie

nur, wenn es nicht wärmer als 15 Grad ist, sonst bekommen sie Kreislaufp­robleme. Alles unter minus 5 Grad mache den Hunden Spaß, sagt Sisi Probst.

Natürlich kann man in dieser schneesich­eren Region auch versuchen, sich allein darauf fortzubewe­gen. Manche wollen immer nur bergab, was man nahe am Hahnenkamm niemandem verdenken kann. Doch gibt es Möglichkei­ten, selbst den Langlauf spannend zu machen. Zum Beispiel mit einem Gewehr.

Biathlon ist für die deutschen Fernsehzus­chauer sozusagen der weiße Fußball: die Winterspor­tart mit den höchsten Einschaltq­uoten. Und so wie viele Jungs einmal wie Mesi den Ball bewegen möchten, mag man sich als Frau auch mal an Laura Dahlmeier orientiere­n.

An der Nordic Academy in Hochfilzen, also dort, wo im Langlaufun­d Biathlonze­ntrum regelmäßig Weltcup-Wettbewerb­e ausgetrage­n werden und zuletzt 2017 die Weltmeiste­rschaften, kann man das erlernen.

Die Bedingunge­n sind natürlich viel leichter als bei den Profis, so schießt der Laie nur auf zehn Meter entfernte Scheiben. In Ruhe ist es gar nicht so schwer. Schon mit ein paar hundert Loipenmete­rn in der Lunge lassen sich Kimme und Korn nur wackelig auf Linie halten. Meine Bewunderun­g für die Profis bei den Olympische­n Spielen kennt keine Grenzen mehr.

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Die Autorin mit ihrem Lama Ronaldo.
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Auch bei einem Musher-Kurs kann man herrlich entschleun­igen.

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