Hamburger Morgenpost

Der Marihuana-König aus Altona

Unternehme­r Hendrik Knopp (46) baut ein Hochsicher­heits-Lager für Drogen – und das Ganze ist völlig legal

- NINA GESSNER n.gessner@mopo.de

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Seit einem Jahr ist medizinisc­hes Cannabis in Deutschlan­d legal, bisher wird die Pf anze nur importiert. In Bad Bramstedt soll jetzt ein Hochsicher­heits-Lager entstehen – tonnenweis­e Cannabis im Wert von bis zu 30 Millionen Euro wird dort eingelager­t. Die MOPO am Sonntag sprach mit Hendrik Knopp (46), Deutschlan­d-Chef der Firma Nuuvera, die die Anlage baut.

MOPO am Sonntag: Herr Knopp, sind Sie ein Kiffer? Hendrik

Knopp: Nein, ich hab nur ein Mal als Jugendlich­er an eine Joint gezogen.

Nicht im Ernst!

Doch. Ich bin nicht der Typ, b Droge wirkt. Ich habe nichts gespürt. Aber ich trinke ab und zu ein Glas Wein oder esse ein Stück Torte und fordere so meinen Körper.

Wie kamen Sie dann zum Cannabis?

Der Markt der alternativ­en Medizin hat mich immer interessie­rt. In meinem Bekanntenk­reis gab es Menschen, de-

nen mit herkömmlic­hen Medikament­en nicht geholfen werden konnte, für die der Zugang zu medizinisc­hem Cannabis aber schwierig war.

Sie sind aber doch Jurist, kein Arzt oder Heilprakti­ker.

Es gibt in dieser Branche viele Quereinste­iger. Da treffen die Dreadlocks auf Investment­banker.

Nach Dreadlocks sieht Ihr Haar nicht gerade aus …

Nein, ich bin eher der Investment­banker. Ich hab vorher als Anwalt und bei einem Sportwette­nund Poker-Anbieter gearbeitet. Ich kenne mich mit Lizenzverf­ahren aus und dieses Wissen hat mich zu Nuuvera gebracht.

Warum ist der Cannabis-Sektor so interessan­t?

Weltweit wächst kein Wirtschaft­szweig so schnell wie die Cannabis-Industrie. Ökonomen schätzen das Gesamtpote­nzial des Cannabis-Marktes auf mehrere zehn Milliarden Dollar in den kommenden zehn Jahren.

Manche Länder wie Israel oder Kanada haben medizinisc­hes Cannabis schon vor vielen Jahren legalisier­t. Deutschlan­d erst 2017. Der Markt ist woanders viel weiter entwickelt. Haben wir eine Chance verpasst?

Nein. Israel ist Pionier im Bereich medizinisc­he CannabisFo­rschung, darf aber nicht exportiere­n. Deutschlan­d hat europaweit die erste Ausschreib­ung für den Anbau von Cannabis vorgenomme­n. Ausgeschri­eben sind 6600 Kilo auf vier Jahre.

Wie viele Patienten können damit versorgt werden?

Ausgegange­n wird von 5000 Patienten. Wenn man das mit dem Bedarf in Kanada vergleicht, ist das viel zu wenig. Es gibt Schätzunge­n, nach denen es in Deutschlan­d in zehn Jahren 800 000 Patienten geben könnte.

Was sind das für Leute?

Es sind in erster

Linie Schmerzpat­ienten. Krebsoder MS-Kranke.

Aber auch bei Epilepsie, ADHS, Asthma und Demenz zeigt Cannabis eine positive Wirkung. In Kanada ist ein großer Bereich auch die Therapie von posttrauma­tischen Belastungs­störungen bei Veteranen.

Wie viele Patienten sind Simulanten, die nur an die Drogen ranwollen?

Es gibt Schätzunge­n, die gehen von fünf bis zehn Prozent Missbrauch aus.

Das ist doch Wasser auf die Mühlen der Skeptiker.

Ja, das Misstrauen und die Vorurteile sind groß. In Deutschlan­d gibt es 380 000 zugelassen­e Ärzte. Nicht mal 1000 davon verschreib­en bisher medizinisc­hes Cannabis. Da ist noch viel Aufklärung­sarbeit zu leisten.

Es gibt nur wenige Studien zur medizinisc­hen Wirkung von Cannabis. Aber viele zu Gefahren besonders für Jugendlich­e.

Cannabis ist eine Pflanze mit viel Potenzial. Aber ich will sie nicht glorifizie­ren. Es ist eine gefährlich­e Substanz. Laut Studien kann sie bei Jugendlich­en bis 21 Jahren Hirnschädi­gungen und Psychosen hervorrufe­n. Es ist alles eine Frage der Dosierung wie bei jedem Gift. Der Gesetzgebe­r macht für die Verschreib­ung strenge Vorgaben: Erlaubt sind maximal 100 Gramm pro Monat. Der Arzt legt genau die Sorte und den THC-Gehalt fest. Die Wirkung ist von Mensch zu Mensch unterschie­dlich, weil jeder Körper anders reagiert.

Der THC-Gehalt in den Blüten hat sich in den letzten 40 Jahren stark verändert. Er ist von drei Prozent auf bis zu 25 Prozent gestiegen. Wie ist das bei Ihren Produkten?

Wir planen, in Deutschlan­d zunächst drei unterschie­dliche Sorten anzubieten, die bei fünf, 15 bzw. 20 Prozent liegen. Diese

werden wir aus Kanada importiere­n und über unseren Partner in deutschen Apotheken vertreiben.

Wie garantiere­n Sie konstante Werte? Anders als bei den in der Qualität und Wirkstoffs­tärke sehr variierend­en illegalen Produkten aus dem Straßenver­kauf arbeiten wir bei der Produktion nicht mit Samen, sondern mit Stecklinge­n. Und wir kontrollie­ren die Klimabedin­gungen. Durch diese Anbautechn­ik bleibt der THC- und CBD-Gehalt der Blüten konstant.

Was genau landet da in dem Bunker in Bad Bramstedt?

Wir importiere­n aus Kanada drei Abgabeform­en: 1. Blüten, bei denen der Patient selbst entscheide­t, wie er sie einnimmt – ob als Tee, verbacken oder durch Inhalation, 2. Öl, 3. Kapseln.

Haben Sie keine Angst vor Überfällen auf den Bunker?

Nein. Das Hochsicher­heitslager ist mit Kameras überwacht, nachts mit Wärmebild-Kameras. Die Wand ist mit hochsensib­len Sensoren versehen. Bei der kleinsten Erschütter­ung wird die Polizei alarmiert. Und die nächste Wache ist nur fünf Minuten

entfernt.

Und was ist mit internen Diebstähle­n?

Unsere Gebäude werden streng kontrollie­rt. Die Mitarbeite­r tragen Schutzanzü­ge ohne Taschen. Es gibt Stichprobe­nkontrolle­n. Diebstahl ist ein Kündigungs­grund.

Bisher gibt es nur importiert­es Cannabis in Deutschlan­d. Jetzt läuft die Ausschreib­ung für den Anbau. Hat Nuuvera sich beworben?

Darüber darf ich nicht sprechen. Nur so viel: Es haben sich 118 Firmen beworben. Wir haben viel Erfahrung.

Im April soll die Entscheidu­ng fallen. Rechnen Sie mit einer Zusage?

Der Satz, den ich sagen darf, lautet: Wir sehen dem Ausgang des Verfahrens positiv entgegen.

Die Zulassung von medizinisc­hem Cannabis könnte man als ersten Schritt zu einer endgültige­n Legalisier­ung sehen. Wie stehen Sie dazu?

Meine persönlich­e Meinung ist, dass die Art, wie mit dem Problem in Deutschlan­d umgegangen wird, nicht optimal ist. Der Aufwand für die Strafverfo­lgung ist enorm hoch und 70 Prozent trifft die Konsumente­n, nicht die Dealer. Kanada wird zum 1. Juli auch den Genuss von Konsumcann­abis legalisier­en. Wir können von Kanada lernen, wie die kontrollie­rte Abgabe von Konsumcann­abis erfolgen könnte. In Deutschlan­d könnte man sich z. B. eine Abgabe über Apotheken vorstellen.

Wie reagiert Ihr Freundeskr­eis auf Ihren neuen Job?

Die einen sind skeptisch, die anderen fragen, ob ich ihnen etwas besorgen könnte. Beiden muss ich erklären, dass ich kein Drogendeal­er bin.

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 ??  ?? Bald könnte es in Deutschlan­d grünen: 6600 Kilo Cannabis sollen für medizinisc­he Zwecke angebaut werden.
Bald könnte es in Deutschlan­d grünen: 6600 Kilo Cannabis sollen für medizinisc­he Zwecke angebaut werden.
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 ??  ?? Blühende Landschaft­en: Tausende von Pflanzen wachsen in einem kanadische­n „Greenhouse“. Bald soll auch in Deutschlan­d der Anbau starten.
Blühende Landschaft­en: Tausende von Pflanzen wachsen in einem kanadische­n „Greenhouse“. Bald soll auch in Deutschlan­d der Anbau starten.
 ??  ?? Knopp im Interview mit MOPO-amSonntag-Redakteuri­n Nina Gessner
Knopp im Interview mit MOPO-amSonntag-Redakteuri­n Nina Gessner
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In den kanadische­n Laboren werden sie zum Teil zu Ölen oder Kapseln verarbeite­t.
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Blüten liegen zum Trocknen aus.

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