Sensation in Mexiko Der Unterwasserwelt-Entdecker
Wie aus einem bayrischen Förster ein weltberühmter Höhlenpionier wurde
„Ich habe gedacht: Das kann nicht sein. Ich habe die Augen geschlossen, tief durchgeatmet und mich gefragt: Ist das wirklich wahr?“So schildert Robert Schmittner den Moment, als ihm klar wurde, dass er das längste Unterwasser-Höhlensystem der Welt entdeckt hatte. „Ich habe geschrien: ,Ja! Ja! Ja!’ Unter Wasser kamen zwar nur Luftblasen raus, aber egal.“
Dass er mal einer der berühmtesten Höhlentaucher Mexikos werden würde, das hätte sich Schmittner vor gut 20 Jahren nicht träumen lassen. Da arbeitete der gelernte Forstwirt aus Bayern im Wald und fällte Bäume. „Das Tauchen war mein Hobby“, erzählt er. Als sein Tauchlehrer, der mit einer Mexikanerin verheiratet war, in Mexiko eine Tauchschule eröffnete, besuchte ihn Schmittner. „Ich bin 1996 gekommen, um einen Kurs im Höhlentauchen zu machen“, sagt er. „Da habe ich mich in die Höhlen verliebt und sie nicht mehr aus meinem Kopf bekommen.“
TULUM –
schnell vorbei. Der Tauch-Fan kündigte seinen Job und weitere sechs Monate später seine Wohnung. Das war vor 20 Jahren.
Und die Höhlensysteme auf der Halbinsel Yucatán bieten nicht nur Tauchern immer neue Abenteuer, sie sind auch eine Fundgrube für Archäologen und Paläontologen. Ursprünglich lagen sie trocken und wurden erst durch den Anstieg der Meeresspiegel nach dem Ende der Eiszeit überflutet. Heute entdecken Mit Leinen sichern Taucher in dem Tunnelsystem den Rückweg (l.). Immer wieder stoßen sie auf Überreste längst ausgestorbener Tiere.
Riesenfaultieren. „Mein Rekord sind neun Elefanten. Riesenfaultiere zähle ich gar nicht mehr“, sagt Schmittner.
Seine große Entdeckung machte Schmittner mit einem Trick. Er legte in Sac Actun eine Tauchleine und ließ die letzten Meter frei hängen. Er wollte sehen, wohin das Seil treiben würde. Bei einem Tauchgang am nächsten Tag in der benachbarten Höhle Dos Ojos entdeckte er das lose Ende, das die Strömung
drückt hatte. Und damit das längste Unterwasser-Höhlensystem der Welt.
Nicht die erste Überraschung in dem unterirdischen Labyrinth aus Höhlen und Tunneln. Archäologen des mexikanischen Instituts für Anthropologie und Geschichte (Inah) entdeckten Tierknochen, Keramiken aus der Zeit vor Ankunft der Spanier und Überreste von Menschen. „Das ist die wichtigste archäologische Fundstätte unter Wasser der Welt“, sagt der Inah-Forscher Guillermo De Anda.
Die insgesamt fast 200 Objekte reichen vom Pleistozän bis in die Maya-Epoche. „Ich frage mich, wo es sonst noch Fundstellen mit so einer langen Zeitspanne gibt? Sie reichen von vor 15000 Jahren bis zur Zeit des Kastenkriegs im 19. Jahrhundert“, sagt De Anda. „Das hat enormes wissenschaftliches Potenzial.“
Und der ehemalige deutsche Förster forscht kräftig mit. Er ist inzwischen Direktor für Unterwasserforschung beim Gran Acuífero Maya, einem interdisziplinären Forschungsprojekt des Inah. Das hätte er sich damals auch nicht träumen las- Eine zerbrochene Maske liegt im Höhlensystem Sac Actun in Mexiko. Auch menschliche Schädel wurden gefunden.