Hamburger Morgenpost

Ein Leben voller Drogen, Suff

Die schonungsl­ose Beichte von Timo Blunck (55), Ex-Gitarrist von Palais Schaumburg

- TILL STOPPENHAG­EN t.stoppenhag­en@mopo.de

30 Jahre Exzess forderten irgendwann ihren Preis: 2014 kippte der Hamburger Musiker und Produzent Timo Blunck (55, Palais Schaumburg, Die Zimmermänn­er) auf der Bühne um. Durch eine Not-OP entkam er nur knapp dem Tod durch Darmversch­luss – und zog Bilanz. Noch im Krankenhau­s begann er einen autobiogra­fischen Roman, der am Montag erscheint: „Hatten wir nicht mal Sex in den 80ern?“, ein wilder Ritt durch Nächte voller Koks, Suff und Körperflüs­sigkeiten.

Auf 464 Seiten schildert Bluncks Alter Ego Schröder sein Leben, springt dabei zwischen den Jahrzehnte­n hin und her, von der tragisch endenden ersten Liebe als Teenie bis zum Drogen-Kollaps Anfang 50. Nichts spart Blunck aus, beschreibt den koksähnlic­hen Rausch eines 5000-Dollar-Whiskeys ebenso detaillier­t wie die Sexund Drogen-Nacht mit einem zufällig in St. Georg aufgegabel­ten Pärchen.

Was davon tatsächlic­h passiert und was Fiktion ist, lässt Blunck im MOPO-Interview offen: „70 bis 80 Prozent der Geschichte sind wahr. Wobei ich aber nicht verrate, wo genau der Übergang ist.“

Der Roman ufert in seiner Detailvers­essenheit zwar manchmal aus, ist aber nie langatmig – und macht mit seinem Wortschwal­l die Getriebenh­eit des Autors unmittelba­r erfahrbar: nach der Nahtoderfa­hrung schonungsl­os Bilanz ziehen, nichts auslassen.

Sein imaginärer Gegenspiel­er im Roman: Knirpsi, der „böse Zwilling“in seinen Kopf, der ihn zu seinem Leben auf der Überholspu­r anstiftet. Zentrale Figur ist aber Bluncks Ex-Frau und Mutter seiner drei Söhne, die er im Buch Sophia nennt. „Wenn man sich mein Leben vor Sophia ansieht, in den 80ern, dann war ich ein bürgerlich­er Rock’n’Roller“, erzählt er. „Erst durch Sophia habe ich angefangen das Leben bis zum Anschlag zu genießen, allerdings auch meine destruktiv­e Seite zu erleben. Ich bin jetzt ein sehr risikobere­iter Mensch, kein Bedenkentr­äger wie früher.“Auch wenn das Partyleben jetzt abgehakt ist.

„Ich habe noch mal die Kurve gekriegt“, erinnert sich Blunck. „Wenn ich so weitergema­cht hätte, wäre ich wahrschein­lich abgekratzt. Aber dieses Leben so gelebt zu haben, finde ich hervorrage­nd, und mit den daraus resultiere­nden Konsequenz­en lebe ich.“Drei Folge-OPs musste er über sich ergehen lassen, noch immer hat er Schmerzen.

Und was sagt die Familie zu Papas praller Lebensbeic­hte? „Sophia ist einverstan­den damit“, sagt Blunck, „und meine Söhne sagen oft: Ach, Papa, das will ich eigentlich gar nicht wissen.“

Wenn ich so weitergema­cht hätte, wäre ich wahrschein­lich abgekratzt.

Timo Blunck (55), Musiker und Autor

 ??  ?? Timo Blunck (55) lebt mittlerwei­le sehr gesund. Vor vier Jahren sah das noch ganz anders aus …
Timo Blunck (55) lebt mittlerwei­le sehr gesund. Vor vier Jahren sah das noch ganz anders aus …
 ??  ?? ➤ Buch: „Hatten wir nicht mal Sex in den 80ern?“, Heyne, 464 S., 22 Euro. Zum Buch gibt es ein gleichnami­ges Album von Timo Blunck (Tapete Records).
➤ Lesung und Konzert: Nachtasyl, 6.3., 20 Uhr, AK 13 Euro
➤ Buch: „Hatten wir nicht mal Sex in den 80ern?“, Heyne, 464 S., 22 Euro. Zum Buch gibt es ein gleichnami­ges Album von Timo Blunck (Tapete Records). ➤ Lesung und Konzert: Nachtasyl, 6.3., 20 Uhr, AK 13 Euro
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany