Blutig, aber wahr! Diese „Tatort“Ermittlung war echt
Stellen Sie sich vor, Sie sind Gast in einem verlassenen Hotel, ein Mörder lebt mit Ihnen unter einem Dach – und keiner weiß, wer es ist. Noch nicht mal der Mörder selbst. Was wie ein obskures „Krimi-Dinner“klingt, ist das Setting des neuen „Tatorts“. Die Beteiligten selbst wussten bis kurz vor Schluss nicht, wer Mörder und wer Opfer ist.
„Ich kannte den Mörder auch nicht vorher wie sonst durch das Studium des Drehbuchs“, erklärte TV-Kommissarin Ulrike Folkerts (56) alias „Lena Odenthal“. So erging es auch Kollegin Lisa Bitter (33, „Johanna Stern“) und den meisten anderen.
Normalerweise wissen Schauspieler natürlich, wen sie spielen – und was die Figuren auf dem Kerbholz haben. Aber nicht bei Axel Ranisch (34). Der Regisseur („Ich fühl’ mich Disco“) dreht den Ludwigshafener „Tatort“jetzt schon zum zweiten Mal auf links. Sein erster Fall „Babbeldasch“, in dem er im Februar 2017 auf viel Dialekt, Laiendarsteller und Improvisation setzte, sorgte für einen Shitstorm im Netz – wegen komischer Sprüche und hölzerner Dialoge. Außerdem schalteten nur 6,23 Millionen Zuschauer ein – einer der schlechtesten „Tatort“-Werte der letzten sechs Jahre.
Vielleicht schaltete Ranisch deshalb diesmal einen Gang zurück – und setzt auf gelernte Schauspieler und weniger Dialekt. Aber weiter auf Improvisation – die größtmögliche. „Die Darsteller wussten nicht, wie die Geschichte endet und wer der oder die Täter sind“, bestätigte Ranisch, der sich bei diesem Film „Spielleiter“nannte. „Nur so können wir ohne vorgegebene Dialoge arbeiten. Ich habe die Schauspieler im Vorfeld gefragt, ob ich ihnen den Täter verraten soll oder ob sie selbst ermitteln wollen. Aber alle haben sich sofort dafür entschieden, quasi ,blind‘ in die Dreharbeiten zu gehen. Es verleiht dem Film nicht nur eine besondere Unmittelbarkeit, wenn die Kommissare den Mörder nicht kennen, es macht den Schauspielern auch wahnsinnig viel Spaß, Regisseur und Autor auf die Schliche zu kommen.“
Bleibt die Frage, ob es den Zuschauern Spaß macht. Ulrike Folkerts selbst ist da guten Mutes. „Alles wirkt dadurch sehr authentisch“, findet sie. Die MOPO sah den Film vorab. Der Eindruck: vielleicht authentisch, aber auch relativ wirr. Es ist auch diesmal wieder schwer, der improvisierten Handlung zu folgen – aber immerhin sind die schauspielerischen Leistungen spürbar besser als im ersten „Impro“-Fall.