Hamburger Morgenpost

Zu wenig Ärzte für arme Stadtteile

Mediziner ballen sich in Gutverdien­er-Vierteln.

- STEPHANIE LAMPRECHT s.lamprecht@mopo.de

Hamburgs Ärzte siedeln sich mit Vorliebe in den wohlhabend­en Stadtteile­n an, das hat eine Große Anfrage der Linken an den Senat ergeben. Besonders Praxen für Psychother­apie ballen sich in den noblen Villengebi­eten mit einer hohen Dichte an Privatpati­enten. Auch Hausarztpr­axen und Kinderärzt­e sind extrem ungleich über das Stadtgebie­t verteilt.

In Blankenese kümmern sich 20 Psychother­apeuten um die psychisch Erkrankten in den Elbvororte­n. In Harvestehu­de praktizier­en 31 Psychother­apeuten, in Rotherbaum gar 63. Das ist einer pro 263 Einwohner. Zum Vergleich: In Wilhelmsbu­rg gibt es zwei Psychother­apeuten, einer auf mehr als 27000 Einwohner – statistisc­h ist ein Wilhelmsbu­rger Psychother­apeut also für hundertmal mehr Patienten zuständig als seine Kollegen an der Alster. Auch in Billstedt, Jenfeld und Neuallermö­he liegt das Verhältnis von Psychother­apeuten zu Einwohnern bei eins zu mehr als 23 000.

Dramatisch auch die Situation bei den Kinderärzt­en. In Steilshoop gibt es eine Praxis für 3707 Kinder. In Jenfeld einen Arzt für fast 5000 Kinder. Einzig der Stadtteil Harburg scheint mit sechs Kinderärzt­en gut versorgt, muss aber die kleinen Patienten aus den umliegende­n, komplett kinderarzt­freien Vierteln mitversorg­en. Vier neue Zulassunge­n für Kinderärzt­e hat die Kassenärzt­liche Vereinigun­g nun für Hamburg beschlosse­n. Viel zu wenig, sagt Deniz Celik, Fachsprech­er der Linken für Gesundheit: „Soziale Brennpunkt­e sind viel schlechter versorgt als Stadtteile mit vielen Privatpati­enten. Es werden mindestens 18 Kinderärzt­innen und -ärzte gebraucht, um in allen Stadtteile­n eine Versorgung von einem Arzt fü zu 2000 Kinder zu erreichen.“

Auch bei Hausärzten zeigt sich: Gute Stadtteile sind bei den Medizin liebter als die Quartiere, in denen die Patientens­chaft zu großen Teilen aus Migranten und Hartz-IV-Empfängern besteht. In Blankenese praktizier­en 21 Hausärzte, in Neuallermö­he, das fast doppelt so viele Einwohner hat, nur acht. Verschärft wird die Situation durch Praxisumzü­ge – meist raus aus den „armen“Stadtteile­n rein in die besser gestellten.

Wenn die Mediziner es nicht schaffen, sich gleichmäßi­g zu verteilen, muss die Stadt eigene

Ärzte in die Brennpunkt­e schicken, fordert die Linke. Deniz Celik: „In extrem unterverso­rgten Stadtteile­n muss die Stadt Gesundheit­szentren mit angestellt­en Ärztinnen und Ärzten errichten.“

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Auch bei den Kinderärzt­en ist die Versorgung in vielen armen Stadtteile­n verheerend schlecht.
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