Wann reagiert der Aufsichtsrat?
ABSTIEGSFALL Die Chef-Fragen bleiben ungeklärt – doch der HSV muss jetzt planen
Ab sofort können sie planen. Klingt positiv, ist es aber nicht. Nach dem 0:0 gegen Mainz und weiterhin sieben Zählern Rückstand auf den Relegationsplatz wird der HSV wohl nicht mehr zu retten sein. Und nun? Der Verein muss sich für die Zweite Liga rüsten, dabei steht die Führungscrew selbst vor dem Aus. Üble Zustände, die nur der Aufsichtsrat des „Dinos“klären könnte.
Es ist überall zu spüren, dieses große Nichts. Am Trainingsplatz. Im Stadion. In jedem Winkel des Volksparks. Heribert Bruchhagen, Chef des Ganzen, fand am Sonntag Worte für das, was alle wahrnehmen. „Es liegt wie ein bleierner Nebel über allen“, erklärte der Vorstandsboss. Eine Hoffnungslosigkeit, die spätestens nach dem Abpfiff gegen Mainz um sich griff.
Klar, der „Dino“zuckt noch. Klang alles schon wieder ganz anders am Tag danach. Ärmel hochkrempeln. weiter, immer weiter. „Die Leistung war ja gut“, erklärte Trainer Bernd Hollerbach. „Ich glaube nach wie vor daran, dass wir es schaffen können.“Das alles klang dann aber doch eher wie eine von Vereinssprechern empfohlene Sprachwahl, um ja nicht den Eindruck zu vermitteln, man habe sich schon aufgegeben. Dennoch dürften es alle wissen: Für den HSV beginnt nun seine rund zwei Monate lange Abschiedstournee aus dem Fußball-Oberhaus.
Ab in Liga zwei, so wird es kommen. Nur: Wer soll dafür sorgen, dass der HSV der neuen Aufgabe gewachsen ist? Bruchhagen, Sportchef Jens Todt und Trainer Bernd Hollerbach, sie alle müssen ersetzt werden, darüber soll im Aufsichtsrat Klarheit herrschen. Der ließ nach seiner Sitzung am vergangenen Dienstag zwar Interna nach außen dringen, hüllt sich offiziell aber in Schweigen – und zögert mit einer Entscheidung. Wann reagieren die Kontrolleure? Verbrieft ist, dass mit Hochdruck ein Sportvorstand gesucht wird, der dann Sportchef Jens Todt ersetzen soll. Und zwar möglichst bald. Bislang aber ist der HSV von einem Abschluss weit entfernt. Ex-Köln-Macher Jörg Schmadtke (53) wird auch in Wolfsburg gehandelt. Ebenso wie Hannovers Horst Heldt (48), der ohnehin erst ab Sommer könnte. Und Kiels Ralf Becker (47) steckt mitten im Aufstiegskampf, wird einen Teufel tun, in dieser Phase konkret zu verhandeln. So müssen Todt und Chefscout Johannes Spors den Kader planen. Bis auf Weiteres. Klingt absurd, ist es auch.
Völlig offen auch, wie es mit Bruchhagen weiterläuft. Die Tendenz geht dahin, dass der 69-Jährige die Saison bis zum Ende begleiten soll. Allein: So genau weiß er das auch nicht. „Alles, was ich gehört habe, sind Spekulationen“, sagt der VorstandsBoss. Dass der Aufsichtsrat alle Szenarien durchspielt, sei seine Pflicht. Aber: „Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass alle hier weiterhin pflichtbewusst ihre Tätigkeit ausüben werden. Wir dürfen
uns nicht von Spekulationen beeinflussen lassen.“Weder er noch Todt. Worte, die verdeutlichen, dass die Kontrolleure Bruchhagen tatsächlich noch komplett im Nebel stehen lassen. Aber wie lange noch?
Dass der Boss trotz Vertrages bis 2019 weichen würde, wenn es gewollt ist, steht außer Frage. „Ich unterstütze alles, was für den HSV gut ist“, stellt Bruchhagen klar. „Wenn ein Wechsel gewünscht ist, wird man abberufen und dann kommt ein anderer.“Gleichzeitig aber glaubt er, „dem HSV noch viel geben zu können. Weil ich die Branche kenne und weiß, wie man in Krisenzeiten Dinge bewerten und entsprechend handeln muss“.
Der HSV und seine Zukunft. Und Räte, die schnell entscheiden müssen, um den Neustart zu erleichtern. „Es warten schwere Monate auf uns“, weiß Bruchhagen, der übrigens eine recht pikante Klausel in seinem Vertrag stehen hat: „Ich soll dem Aufsichtsrat dabei helfen, meinen Nachfolger zu finden. Ob er diese Hilfe auch in Anspruch nehmen will, ist etwas anderes.“
Auch darauf wissen nur sechs Personen eine Antwort – die Aufsichtsräte des HSV.