Eine akustische Kneipp-Kur
Die Post-HardcoreBand At The Drive-In legt in der Sporthalle einen soliden Auftritt hin
Es war, als würde man seine Jugendliebe zum ersten Mal nach vielen Jahren beim Klassentreffen wiedersehen: Man ist um einiges älter geworden, die Unterhaltung kommt trotzdem schnell in Gang und irgendwo ist da dieser kleine Funke vom einst so jugendlichen Zauber.
Um die Jahrtausendwende waren At The Drive-In noch die spannendste Band der Welt. Und auch am Freitagabend in der zu drei Vierteln gefüllten Alsterdorfer Sporthalle wirkte der Opener „Arcarsenal“wie eine akustische Kneipp-Kur.
Bibberte man eben noch bei minus 10 Grad in der Kälte, brauchte der eruptive Post-Hardcore-Sound keine zwei Minuten, um die Zuschauer auf fiebrige Betriebstemperatur zu bringen. Doch irgendwas war anders, das merkte man schnell. Die Stimme von Sänger Cedric Bixler-Zavala ist auffällig dünner geworden, auch sein Bewegungsradius blieb überschaubar – abgesehen von ein paar Tanzschritten à la James Brown. War der Frontmann wirklich der Typ, über den man einst sagte, er würde auf Konzerten „Sex mit der Bühne haben“(ein Zitat der früheren Ash-Gitarristin Charlotte Hatherley)?
Man kam ins Grübeln. Denn Songs wie „Cosmonaut“, „Call Broken Arrow“oder auch „Quarantined“ wurden von den Gästen eher höflich beklatscht als frenetisch bejubelt. Wirklicher Ausnahmezustand dann nur bei „One Armed Scissor“, gleichzeitig einziger Hit und Zugabe der fünfköpfigen Band aus Texas.
Bevor es wieder in die kalte und eisige Nacht ging, blieb zumindest eine kurzweilige Erinnerung an die süßlich-schwere Luft in der Halle, wie man sie aus den romantischen Nächten mit der Jugendliebe kannte.