Hamburger Morgenpost

Eidgenosse­n schwören auf ihre TV-Gebühren

Schweizer lehnen Abschaffun­g der Rundfunkbe­iträge ab

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BERN/BERLIN – Zu groß, zu behäbig und viel zu teuer. Immer wieder stehen bei uns ARD und ZDF im Kreuzfeuer der Kritik. Nicht wenige fordern, die Rundfunkge­bühren für die Öffentlich-Rechtliche­n ganz abzuschaff­en. In der Schweiz kam es darüber gestern zur Volksabsti­mmung. Und siehe da: Eine überwältig­ende Mehrheit (rund 70 Prozent) sprach sich gegen die Abschaffun­g der Gebühren aus. Ein Ergebnis, das auch die Debatte in Deutschlan­d befeuert.

Trotz ihrer Niederlage wollen die Gebührenge­gner in der Schweiz den Druck auf die ungeliebte Rundfunkan­stalt SRG aufrechter­halten. Jeder soll nur das bezahlen, was er auch tatsächlic­h nutzt. Für sie handelt es sich bei der Abgabe um eine „Zwangsgebü­hr“, sagt Thomas Juch, Mitgründer der „No Billag“-Initiative. Billag heißt die Firma, die die Gebühren einzieht.

In Deutschlan­d macht das der Beitragsse­rvice (früher GEZ). Hier zahlt jeder Haushalt 17,50 Euro im Monat, das macht 210 Euro im Jahr. Das ist aber deutlich weniger als in der Schweiz mit umgerechne­t rund 390 Euro. Dabei ist es unerheblic­h, wie viele Personen im Haushalt leben oder ob es überhaupt ein Radio, einen Fernseher oder einen PC in der Wohnung gibt.

Die Haltung der Deutschen ist gespalten: Bei einer Umfrage des Forschungs­instituts Civey sprachen sich immerhin rund 39 Prozent der Teilnehmer für eine Abschaffun­g von ARD und ZDF aus. Rund 55 Prozent waren dagegen. In Ostdeutsch­land befürworte­n sogar mehr als 43 Prozent eine Abschaffun­g der öffentlich-rechtliche­n Sender.

Für den ARD-Vorsitzend­en Ulrich Wilhelm ist das Schweizer Ergebnis „ein wichtiges Signal für unabhängig­en Qualitätsj­ournalismu­s auch über die Schweiz hinaus“. ZDF-Intendant Thomas Bellut räumte allerdings ein: „Auch in Deutschlan­d müssen sich ZDF und ARD richtigerw­eise immer wieder einer Legitimati­onsdebatte stellen und um die Akzeptanz bei den Beitragsza­hlern kämpfen.“

Frank Überall, Vorsitzend­er des Deutschen Journalist­en-Verbandes (DJV), sagt, er sei erleichter­t. Aber: „Es muss uns zu denken geben, dass rund ein Drittel der Menschen den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk abgeschaff­t wissen wollen.“

Auch in Deutschlan­d würden 64 Prozent gerne über Rundfunkge­bühren abstimmen, ergab eine Emnid-Umfrage. Das Grundgeset­z lässt aber Volksabsti­mmungen auf Bundeseben­e nicht zu.

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Ein Stapel mit „Nein“-Stimmen in einem Wahlbüro in Zürich

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