Hamburger Morgenpost

Lügen schneller als die Wahrheit

Erfundenes wirkt oft spannender und sorgt für Überraschu­ng

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CAMBRIDGE – Rund 330 Millionen Menschen weltweit nutzen den Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Und einer der berühmtest­en User ist USPräsiden­t Donald Trump (Foto). Er weiß, dass er auf größte Aufmerksam­keit stößt, wenn er seine Entscheidu­ngen zwitschert. Doch nicht erst seit Trump wissen wir: Nicht alles, was da getwittert wird, entspricht der Wahrheit. Mehr noch: Tweets mit unwahren Inhalten verbreiten sich schneller und erreichen mehr Menschen als richtige Informatio­nen.

Das ergab eine Studie des Massachuse­tts Institutes of Technology (MIT).

In der bisher größten Langzeitst­udie dieser Art, veröffentl­icht im Wissenscha­ftsmagazin „Science“, untersucht­en die Forscher die Verbreitun­g von rund 126000 englischsp­rachigen Storys Twitter 2016 /2017.

Falschnach­richten verbreiten sich der Studie zufolge um 70 Prozent wahrschein­licher als andere. „Das hat spürbare und dramatisch­e Konsequenz­en für unsere Gesellscha­ft“, warnt Sinan Aral, einer der führenden Social-Media-Experten via am MIT, in der „Berliner Zeitung“. „Wir können die Offlineund die Online-Welt nicht wissenscha­ftlich korrekt vergleiche­n, aber es ist offensicht­lich, dass sich Falschnach­richten online in einem unglaublic­hen Tempo verbreiten – es ist eine andere Qualität.“Warum ist das so?

„Falschmeld­ungen sind neuartiger als wahre Nachrichte­n; Nutzer scheinen also neuartige Informatio­nen lieber zu teilen“, so Aral. Ihre Antworten darauf zeigen größere Überraschu­ng, aber auch Angst. Dazu komme der Belohnungs­mechanismu­s der sozialen Medien: „Wer viele überrasche­nde Neuigkeite­n verbreitet, dessen sozialer Status steigt.“Für viele Nutzer sei es gar nicht wichtig, ob sie die Wahrheit verbreiten, ergänzt der Informatik­er Soroush Vosoughi. „Sie sagen: Das ist mir egal, ob wahr oder falsch, es ist ein guter Post.“Andere verbreiten Falschmeld­ungen mit System, etwa, um jemandem gezielt zu schaden. Das mag erklären, wieso Falschmeld­ungen aus der Politik die höchste Verbreitun­g fanden im Vergleich zu Naturkatas­trophen oder Terrorismu­s.

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