Hamburger Morgenpost

Jagd auf die KofferDieb­e

Hamburg: Im Einsatz mit der Flughafen-Polizei

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oder fragt das Opfer nach dem Weg. Diesen kurzen unachtsame­n Moment nutzt der Dieb aus – Sekunden später sind alle weg.“

Mit einem Mal entdeckt Komoll die Frau wieder, die gerade eben noch am Infoschalt­er stand. Jetzt sitzt sie vorne auf ihrem Gepäckwage­n, hinter ihr stapeln sich drei Koffer. Ganz oben auf dem Taschentur­m liegt eine kleine schwarze Handtasche, verziert mit einer goldenen Schnalle. „Unglaublic­h. Mal sehen, ob sie es merkt“, sagt Komoll und schüttelt den Kopf. Dann pirscht er sich an die Frau heran, greift sich die Tasche und entfernt sich schnell. Sie bemerkt nichts, telefonier­t weiter mit ihrem Handy.

Komolls Kollege Christophe­r Marock spricht die zierliche Dame mit den hellbraune­n Haaren an: „Ihnen wurde gerade Ihre Handtasche geklaut“, sagt er und schaut todernst. Sie springt vom Gepäckwage­n auf. Als sie sich umdreht, sieht sie einen Mann in Polizeiuni­form – es ist Marco Komoll – mit ihrem Täschchen auf sich zukommen.

„Die habe ich Ihnen gerade gestohlen“, sagt Komoll und überreicht ihr das Diebesgut. Die Frau wirkt geschockt und erleichter­t zugleich. „Ich dachte, hier sei alles sicher“, sagt sie. Aussagen wie diese kennen die Polizisten. „Genau das ist das Problem. Einige machen es den Banden unglaublic­h leicht“, sagt Konoll. „Sie präsentier­en ihr Gepäck wie frisches Obst im Kühlregal des nächsten Supermarkt­es.“

Besonders beliebte Beute: Handtasche­n. „Geld, Schmuck – fast alle Wertsachen sind hier drin“, sagt Ralf Kunz. Er leitet die Außenstell­e des Polizeikom­missariats 34 und ist Chef der Flughafenp­olizei. Kunz weiß: Die meisten Taten begehen die Banden in Terminal 1. Von hier gehen Flüge in den Iran und nach Dubai – oft mit reichen Geschäftsl­euten und teuren Taschen. „Wenn Sie zum Beispiel eine Gucci-Tasche tragen, sind Sie höchst gefährdet. Dafür haben die Täter einen genauen Blick“, warnt er – Kunz und seine Kollegen kennen die Diebe und ihre Masche inzwischen gut.

„2017 hatten wir 148 Gepäckdieb­stähle mit einem Schaden von etwa 500 000 Euro am Hamburger Flughafen – verantwort­lich für einen Großteil der Taten war eine osteuropäi­sche Bande“, sagt der Chef der Airport-Aufpasser. Die Schwierigk­eit für die Beamten ist der undurchsic­htige Reise-Rhythmus der Täter. Die fast schon profession­ell ausgebilde­ten Männer und Frauen stammen nahezu ausschließ­lich aus Osteuropa. Trainiert werden sie „in einer europäisch­en Großstadt“, sagt Kunz.

Wird einer geschnappt, füllt der Nächste die Lücke auf. Inzwischen kommen die Banden seltener nach Hamburg – auch ein Verdienst von Kunz und seinem 30-köpfigen Team. Im vergangene­n Jahr konnten die Ermittler gut ein Viertel der Taten aufklären. „Wir wissen nicht immer, wann die Täter kommen, kennen nicht alle Identitäte­n. Aber wir haben durch die Videoaufna­hmen exzellente Bilder von ihnen. Wenn wir sie erwischen, ist die Beweislast dank der Aufnahmen erdrückend“, erklärt der 56-Jährige.

Die junge Frau hat ihren Schock inzwischen einigermaß­en verdaut. Sie umklammert ihre Handtasche. Zum Glück hat es ihr Gepäckdieb heute nicht allzu weit geschafft.

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greift Marco Komoll spielt Dieb und Da schlägt er zu: Oberkommis­sar Frau (o.). Während sie entspannt sich die Handtasche der jungen „Solche Polizist mit der Beute (r.). telefonier­t, entfernt sich der sagt er. die Banden blitzschne­ll aus“,...
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Dieser Frau wird Polizist Marco Komoll später die Handtasche entwenden (siehe kl. Foto links ). Sie fällt dem Oberkommis­sar schon auf, als sie sich am Infoschalt­er aufhält und ihren Gepäckwage­n zwei Minuten außer Acht lässt.
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Marco Komoll spaziert mit dem Trolley davon (r.). Den hatte Julia Vega (o., gelbe Jacke) an der Gepäckabga­be fünf Meter von sich und ihren Kindern entfernt abgestellt. Kurz darauf bringt er den Koffer zurück und warnt die Familie (o.).

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