Stippvisite im Gastro-Schmuckstück
Wunderschön, aber mit Abzügen: Das „Stadt Restaurant“im Hotel „Reichshof “
Wuchtiger Marmor, glänzende Holzvertäfelungen, raffinierte Schnitzereien – der ganze Raum atmet Opulenz. Ja, das Restaurant im „Reichshof“gehört zu den schönsten Hamburgs. Doch schmeckt’s dort auch gut?
Kurz nach der Sanierung 2015 waren wir schon einmal im „Reichshof “, damals war gerade das „Slowman“eingezogen. Doch das Menü-lastige Konzept erwies sich als unpassend für die Hotelgäste, Frank Bertram zog mit seinem Team aus, Mario Regensburg übernahm, ist der Küchenchef im „Stadt Restaurant“. Auf seiner Karte steht nur ein Menü, drei Gänge kosten 39 Euro, vier 49 Euro. Wir wählen ein Mal das Menü, ein Mal à la carte.
Vorweg gibt’s „Gebackenen Ziegenkäse“(12 Euro) und den Menü-Rollmops. Beides ist hübsch angerichtet, bekommt aber leichte Abzüge in der Zubereitung. Beim zart-sauren Hering ist die Haut seltsam zäh, Bratkartoffelschaum und vor allem die karamellisierten Zwiebeln sind aber schön geschmacksintensiv. Der Ziegenkäse ist etwas klebrig, und weil auch die Erdnusssoße sehr cremig ist, verpampt auf dem Teller alles ein bisschen. Bunte Bete und ein paar Blätter Grünzeug sind als Frischelieferanten da hochwillkommen, aber im Kampf der Konsistenzen hoffnungslos unterlegen.
Zu den Hauptgängen ordern wir Wein, vorher gab’s für uns nur Wasser (5,50 Euro/0,7l) – denn das stammt aus der hoteleigenen (!) Quelle in der Lüneburger Heide. Schmeckt man nicht, ist aber ein schönes Angebot. Wir wählen einen fein-fruchtigen Spätburgunder und einen ordentlich kraftvollen Malbec aus Argentinien (je 12 Euro/0,2 l – durchaus Hotel-Preise!), verlässliche Begleiter für Wildschweinrücken (26 Euro) und Filet mignon. Die Wildsau ist schön rosa gebraten, als Beilage gibt es fermentierten Blumenkohl mit spannender Säure und ein quietschendes Stück gebratenen Lauch. Hauptattraktion ist das Fleisch auf seinem kräftigen Jus-Spiegel – das ist gut gemacht.
Der Jus ist auch beim Steak hervorragend, das Fleisch aber – medium bestellt – ist ganz kurz vor durch. Schade, denn der Rest überzeugt: Die Pommes sind auf den Punkt, zusammen mit dem Wildkräutersalat ist die Portion riesig. Es bleibt gut was auf dem Teller, doch die Kellnerin lächelt freundlich, sagt: „Das schaffen die wenigsten.“Glück gehabt.
Weil wir beide satt sind, teilen wir uns das Menü-Dessert: Weißer Schokoladenflan mit Birnensorbet und Haselnussküchlein. Die Backware ist warm, allerdings ein bisschen trocken, Sorbet und Flan sind hingegen klasse: Hier passt das Zusammenspiel von frisch und mächtig. Ein guter Abschluss.
➤ „Stadt Restaurant“: im Hotel Reichshof, Kirchenallee 34-36 (St. Georg), Mo-Fr 12-14.30 Uhr, Mo-Sa 18-23 Uhr (letzte Bestellung: 21.30 Uhr), Tel. 370 25 90