Der alte Wüstenkauz
„Lucky“: Melancholisches, rührendes Porträt eines alten Eigenbrötlers
Trotz seines Zigarettenkonsums hat Lucky (Harry Dean Stanton) die 90 bereits überschritten. Er hält sich fit mit YogaÜbungen zu Mariachi-Musik und pflegt seine täglichen Routinen. Er schaut in seinem heimatlichen Wüstenkaff bei seinem Stamm-Diner und seinem Stamm-Supermarkt vorbei, abends sucht er seine Stamm-Bar auf, in der er sich aktuell die Klagen seines Freundes Howard (David Lynch) anhören muss, dem seine Schildkröte entlaufen ist.
Obwohl er auch gern mal etwas herumstänkert, mögen die Menschen den betagten Eigenbrötler. Eines Morgens klappt Lucky jäh zusammen, kann kurz darauf aber wieder aufstehen. Der Arzt findet nichts und verweist auf das Alter seines Patienten. Dennoch bekommt es Lucky nun mit der Angst zu tun. Er ist sich plötzlich seiner Sterblichkeit bewusst und versucht noch ein paar Fragen zu klären.
Eine richtige Handlung hat der Film nicht. Er reiht im Grunde nur Alltagsszenen und Begegnungen Luckys mit den Menschen in seinem Umfeld aneinander. Da wird mit viel lakonischem Witz über Haupt- und Nebensächliches sinniert, natürlich sind auch das Älterwerden und der Tod Thema. Und das, was danach kommt.
Harry Dean Stanton starb im September des vergangenen Jahres mit 91 Jahren. Schauspielkollege John Carroll Lynch („The Founder“) hat dem minimalistischen Mimen mit dem ewig melancholischen Gesichtsausdruck, der in Wim Wenders’ „Paris, Texas“eine seiner seltenen Hauptrollen spielte, vor dessen Tod noch einmal die verdiente große Bühne bereitet. Stanton verschmilzt quasi mit seiner Filmfigur, die ihm die Autoren Logan Sparks und Drago Sumonja auf den hageren Leib geschrieben haben.
Wenn Lucky auf einer Geburtstagsfeier plötzlich eine mexikanische Weise anstimmt und die Combo einsteigt und wenn er fast ganz zum Schluss kurz direkt in die Kamera lächelt, darf man ruhig mal eine Träne verdrücken. Ein schönes Abschiedsgeschenk für Harry Dean Stanton und seine Fans.
USA, 88 Min., o. A., 3001-Kino (auch OmU), Abaton (OmU), Blankeneser Kino, Holi