Hochstapler und Henker
„Der Hauptmann“: Düsteres Drama über den Wahnsinn der letzten Weltkriegswochen
Im April 1945 kann der Gefreite Willi Herold (Max Hubacher) einer Gruppe deutscher Soldaten, die ihn jagt, nur knapp entkommen. Bald darauf findet er in einem verlassenen Militärfahrzeug eine Hauptmannsuniform – und zieht sie an. Während er noch die Offiziersrolle probt, taucht der Gefreite Freytag (Milan Peschel) auf und dient sich Herold an. Später schließt sich ihm noch ein Trupp marodierender Soldaten um den brutalen Kipinski (Frederik Lau) an. Als angeblich vom Führer mit allen Vollmachten ausgestattete „Kampfgruppe Herold“landet der Tross schließlich in einem Wehrmacht-Straflager – und verantwortet dort ein Hinrichtungs-Massaker. Und das ist noch nicht das Ende … Nach mehr als zehn Jahren in Hollywood, in denen unter seiner Regie Werke wie „Flightplan“und „R.E.D.“entstanden, hat Robert Schwentke erstmals wieder in der deutschen Heimat gedreht. Was daraus entstanden ist, ist wegen der ausufernden Darstellung von Grausamkeiten schwer erträglich. Erst recht, wenn man weiß, dass das Geschehen auf wahren Begebenheiten und realen Figuren beruht. Willi Herold und sechs seiner Komplizen wurden 1946 als Kriegsverbrecher verurteilt und hingerichtet.
Bei Schwentke hat dieser Herold keine Vorgeschichte. Man sieht lediglich, wie er sich aus Angst vor Entlarvung immer mehr in seine Hauptmannsrolle hineinsteigert und schließlich einem Macht- und Blutrausch verfällt. Dafür findet er im kurz vor dem Untergang stehenden Dritten Reich und inmitten einer allgemeinen Verrohung geradezu ideale Bedingungen vor.
Das macht der in Schwarz-Weiß gehaltene Film – gerade auch in seiner leichten Stilisierung – sehr deutlich. Mit ein paar weniger Gewaltexzessen im Straflager hätte der Zuschauer das allerdings auch kapiert. Entstanden ist jedenfalls ein konsequent düsterer Film über den Wahnsinn der letzten Weltkriegswochen in Deutschland, der zeigt, wie sich Macht- und Ordnungsstrukturen auflösen.