St. Pauli siegt für die Fußball-Kultur
Unerwarteter Triumph für Andreas Rettig, Oke Göttlich Co. bei der DFLMitgliederversammlung in Frankfurt. 17 Klubs stimmen St. Paulis Antrag zu. „Tolles Zeichen!“
Offensiv und intensiv hatte Andreas Rettig für die Ziele des FC St. Pauli geworben, unter anderem in der MOPO einen Standpunkt geschrieben. Der immense Aufwand von ihm und unterstützenden Weggefährten wie Präsident Oke Göttlich hat sich gelohnt: Die Mitgliederversammlung der DFL hat überraschend gestern für die Beibehaltung der umstrittenen 50+1-Regel gestimmt.
„Das ist ein tolles Zeichen und ein guter Tag für alle, die es gut mit dem Fußball meinen“, frohlockte Rettig. Dass die 50+1-Befürworter schon gestern einen Triumph feiern durfte, war nicht absehbar. Die DFL hatte im Vorfeld der Mitgliederversammlung eigentlich klargestellt, dass im Sheraton-Hotel zu Frankfurt/Main keine Entscheidung zur 50+1-Regel (macht es Investoren nicht möglich, die Stimmenmehrheit bei Kapitalgesellschaften zu übernehmen, in die Fußballvereine ihre Profis ausgegliedert haben) fallen werde. „Lediglich der geplante Verfahrensverlauf einer Diskussion“sollte Thema sein.
Doch dann nahm die Debatte Fahrt auf, „mit offenem Visier“(Rettig) wurde diskutiert: „Aber eigentlich haben wir ja gar nicht vorgehabt, einen Antrag zu stellen.“Präsident Oke Göttlich (Rettig: „In ihm hatte ich einen kongenialen Partner“) aber nutzte die Gunst der Stunde, formulierte kurzerhand die richtigen Worte. „Und dann muss man auch das DFL-Präsidium loben, dass es den Antrag zugelassen hat“, sagte Rettig, der mit seinen Gesinnungsgenossen deutlich in der Überzahl war. 18 von 34 möglichen Stimmen (zwei Klubs waren tatsächlich nicht anwesend!) bekam der von St. Pauli eingereichte Antrag bei neun Enthaltungen, drei NichtBeteiligungen und vier Gegenstimmen (denen es um den Wortlaut ging). Rettig war merklich „erfreut und erleichtert. Das Signal ist wichtig“, stellte er heraus. „Wir haben einen guten Kompromiss gefunden.“Allerdings, mahnte er, „dürfen wir jetzt nicht die Hände in den Schoß legen, sondern müssen vor allem größere Rechtssicherheit bekommen“. Für langes Triumphgeheul bleibe angesichts weiterer wartender Arbeit keine Zeit, wohl aber für ein Bierchen zur Feier des gelungenen Tages.
Neben Rettig und Co. dürfen sich die Fans als die Gewinner fühlen. Noch vor Versammlungsbeginn hatte die Initiative „50+1 bleibt!“eine 28 Meter lange Rolle mit Unterschriften an Rauball übergeben, die Reaktionen danach waren vorsichtig erfreut bis leicht euphorisch. Für Hannovers Boss Martin Kind, KarlHeinz Rummenigge und den FC Bayern sowie DFLGeschäftsführer Christian Seifert war das Votum der Klubs hingegen eine eiskalte Dusche.