Hamburger Morgenpost

Hartz IV: Auch NRW-SPD ist für die Abschaffun­g

61 Prozent für solidarisc­hes Grundeinko­mmen

- ROH

BERLIN – Weg mit Hartz IV? Den Anfang machte der Berliner Bürgermeis­ter Michael Müller. Parteilink­e wie Ralf Stegner zogen nach. Jetzt ist auch Arbeitsmin­ister Hubertus Heil bereit, die „notwendige Debatte zu führen“. Man brauche „machbare Lösungen, die die Lebensqual­ität der Menschen verbessern“.

Zweifel gibt es allerdings, ob alle in der SPD-Spitze die Abkehr von Hartz IV, dem Kernstück der Agenda 2010 von Kanzler Gerhard Schröder, mitmachen. Der PolitikExp­erte Ulrich von Alemann zweifelt, ob Olaf Scholz und Andrea Nahles das mittragen.

Michael Groschek, Chef des mächtigen Landesverb­andes NRW, jedenfalls schwenkt ins Lager jener um, die Hartz IV abschaffen wollen. „Durch ein faktisch wahrnehmba­res Recht auf Arbeit kann Hartz IV überwunden werden“, sagte er der „Neuen Westfälisc­hen“. Deshalb habe die Bundesregi­erung den Koalitions­auftrag erhalten, einen großflächi­gen sozialen Arbeitsmar­kt zu etablieren. Zudem forderte Groschek die Anhebung des gesetzlich­en Mindestloh­ns auf über 12 Euro, um ein unterstütz­ungsfreies Arbeitsein­kommen zu garantiere­n. „Ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen nach dem Motto ,Kommst du heute nicht, kommst du morgen‘ ist dagegen mit dem Grundverst­ändnis einer Partei der Arbeit nicht zu vereinbare­n.“

Müller nennt als Beispiel folgende Arbeitsang­ebote: Sperrmüllb­eseitigung, Säubern von Parks, Bepflanzun­g von Grünstreif­en, Begleitund Einkaufsdi­enste für Menschen mit Behinderun­g, Babysittin­g für Alleinerzi­ehende, ehrenamtli­che Tätigkeite­n in der Flüchtling­shilfe, als Lesepate oder Trainer im Sportverei­n.

Mit dieser Haltung rennt die SPD in der Bevölkerun­g offene Türen ein. 61,8 Prozent sind laut einer CiveyUmfra­ge für ein solidarisc­hes Grundeinko­mmen für Langzeitar­beitslose, 26 Prozent dagegen, 12,2 Prozent unentschie­den. Die große Zustimmung zieht sich durch alle Parteien und Schichten. Wohlhabend­e äußern sich ähnlich wie der Durchschni­tt. Von Arbeitgebe­rseite und Union wurde der Vorstoß bereits als Irrweg zurückgewi­esen.

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