WM-Boykott gegen Russland?
Isländische und britische Politiker fahren nicht hin. Deutsche lehnen den Schritt ab
BERLIN/MOSKAU – Nach der Giftattacke in England haben deutsche Politiker einen politischen Boykott der Fußball-WM in Russland in diesem Sommer abgelehnt. Bisher haben Island und Großbritannien angekündigt, keine Politiker zur WM zu schicken.
„Es gibt eine starke internationale Reaktion auf den Fall Skripal – dem sollte jetzt kein weiterer Überbietungswettbewerb folgen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), dem „Spiegel“. Der Sport müsse im „Konsequenzen-Katalog ganz am Ende stehen – hier geht es immer auch um Völkerverständigung“. Eine harte Reaktion geht auch dem außenpolitischen Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), zu weit: „Ich halte den Boykott von internationalen Sportveranstaltungen für kein kluges Instrument der Diplomatie.“
Russland hat den geplanten WM-Boykott durch westliche Politiker als sinnlos zurückgewiesen. „Das wird kaum eine Auswirkung auf die sportliche Feier haben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Wichtig ist nicht, ob irgendwelche Beamte oder offizielle Vertreter kommen, sondern dass die Mannschaften spielen.“Die Fußball-WM wird vom 14. Juni bis 15. Juli in Russland ausgetragen.
Wegen des Giftanschlags auf den früheren Agenten Sergej Skripal hatten 26 Staaten mehr als 140 russische Diplomaten ausgewiesen. London wirft Moskau vor, in den Fall verwickelt zu sein.
Russlands Antwort auf die Ausweisungen werde zu gegebener Zeit folgen, sagte Peskow. Er betonte, er finde nicht, dass sich Moskau in eine Sackgasse manövriere. „20 oder 30 Staaten, das ist nur ein Teil der internationalen Gemeinschaft“, sagte er mit Blick auf die Ausweisungen. Zugleich verwies er darauf, dass auch unter jenen Staaten, die Großbritannien unterstützten, einige seien, die die britischen Beweise gegen Russland als schwach bezeichneten.
Noch ist unklar, wie Russland auf die konzertierten Strafmaßnahmen reagiert. Außenminister Sergej Lawrow sagte in Taschkent lediglich: „Wir werden antworten. So eine Gemeinheit will niemand einfach hinnehmen, auch wir werden das nicht tun.“