Stürzt den ewigen Ballett-König!
Seit 1973 leitet John Neumeier das Hamburg Ballett an der Staatsoper – und sein Vertrag wurde gerade wieder verlängert. Dabei wäre es dringend Zeit für einen Neuanfang, meint unsere Autorin
Elisabeth II. regiert Großbritannien seit 1952, und sie ist 91 Jahre alt. Sie ist das am längsten amtierende Staatsoberhaupt der Welt und sitzt länger auf dem Thron als jeder britische König vor ihr. Alle sind fein damit, dass Königin Elisabeth II. regieren wird bis zu ihrem Tod. Das nennt man konstitutionelle Monarchie.
Wir hier in der Bundesrepublik Deutschland haben eine Demokratie mit einem Bundespräsidenten, der für fünf Jahre gewählt wird von der Bundesversammlung. Eine Wiederwahl ist ein Mal möglich. Vielleicht resultiert aus diesem Unterschied die Erwartung, dass alle unsere öffentlichen Funktionen uns nicht bis zum Tod übertragen werden und wir sie auch nicht unseren Nachkommen vererben können.
Doch die Männer, die in dem Jahr zur Welt kamen, als John Neumeier Ballettdirektor der Hamburgischen Staatsoper wurde, haben bereits graue Haare. Wenn das so weitergeht, wird Neumeiers bevorzugter Nachfolger und jetziger Stellvertreter auf Balletterden, Lloyd Riggins, noch vor seinem Chef pensioniert.
Nun kann man sagen, John Neumeier ist am Ende jedes Vertrages vom Aufsichtsrat des Theaters erneut bestätigt worden. Keine Monarchie, ein demokratisch bestelltes Gremium hat ihn verlängert. Alles geht mit rechten Dingen zu. Auch jetzt wieder, wo ein 79-jähriger Mann verlängert wurde, der bei Vertragsende 84 Jahre alt sein wird und 50 Jahre Ballettdirektor in derselben Stadt, am selben Haus gewesen sein wird. Etwas wehrt sich trotzdem in einem gegen diese Tatsache.
Doch wer das laut ausspricht, wird beschieden mit den Worten „Ja, aber...“: Aber die Vorstellungen sind immer voll. Aber er ist doch eine künstlerische Ausnahmepersönlichkeit. Aber man verbietet doch auch Schriftstellern nicht, weiter Bücher