Hamburger Morgenpost

Wie Familie Bakr ein Zuhause fand

Syrische Flüchtling­e lebten zwei Jahre lang in Unterkünft­en – jetzt half ihnen ein neues Wohnprojek­t

- WIEBKE BROMBERG w.bromberg@mopo.de

Häufig leben sie jahrelang in Wohnunterk­ünften, ohne eine Chance auf Privatsphä­re und das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Mehr als 18 000 Flüchtling­e haben in Hamburg das Recht auf eine eigene Wohnung – rein theoretisc­h. Doch nur die wenigsten finden ein Zuhause. Um ihnen zu helfen, sucht das Projekt „Wohnbrücke Hamburg“Vermieter für die Flüchtling­e. Die MOPO besuchte eine Familie aus Syrien in ihrem neuen Heim in Neugraben.

Sie hatten ein großes Haus „über zwei Etagen“, sagt Mariam Mardenali (35) stolz. Ihr Mann Kheder Bakr (50) verdiente gut als Autolackie­rer mit eigenem Betrieb. Die Verwandten lebten in derselben Straße und kamen täglich vorbei. Es war ein „erfülltes Leben“. Doch dann kamen die Bomben nach Aleppo. Innerhalb kürzester Zeit war alles zerstört. Die Familie überlebte. Aber die Angst vor dem Tod trieb sie aus ihrer Heimat.

Zu Fuß ging das Ehepaar mit den vier Kindern (das jüngste damals zwei Jahre alt) in die Türkei. Weiter ging es nach Griechenla­nd. „Wir kauerten in einem Boot. Es war aus Plastik“, sagt Mariam Mardenali. Sie schüttelt den Kopf. „Ich kann darüber nicht sprechen. Aber ich werde das nicht vergessen. Niemals.“Mit dem Zug, Bussen und immer wieder zu Fuß erreichte die Familie vor etwas mehr als zwei Jahren schließlic­h Deutschlan­d. Hamburg war von Anfang an ihr Ziel

– weil hier Verwandte leben.

„Es ist ein schönes Land mit guten Leuten“, sagt die 35-Jährige in gebrochene­m Deutsch, sie besucht einen Sprachkurs. Doch die knapp zwei Jahre in den Unterkünft­en seien hart gewesen. „Wir sind fünf Mal umgezogen und konnten keine Ruhe finden.“Bis sich die „Wohnbrücke“ihrer annahm und ein 3,5-ZimmerHaus mit Garten in Neugraben für die Familie fand.

Seit November 2015 gibt es das Projekt, das Wohnungen und Häuser für Flüchtling­e sucht. Die größte Hürde: Da

sie in Hamburg gemeldet sind, dürfen die Flüchtling­e auch nur innerhalb der Stadt in ein neues Zuhause ziehen. Und hier gibt es kaum Wohnraum. „Finanziert wird das Projekt durch Spenden, Fördergeld­er und den Integratio­nsfonds“, sagt Anne Woywod (46), die Initiatori­n der „Wohnbrücke“.

Mittlerwei­le gibt es fünf fest angestellt­e Mitarbeite­r. Und mehr als 500 Ehrenamtli­che, die als sogenannte Wohnungslo­tsen ausgebilde­t werden. Jeder Haushalt wird von einem solchen Mitarbeite­r begleitet. Eine der Ehrenamtli­chen ist Viktoria Stangneth (29) aus Barmbek. Sie hat die Familie wochenlang bei Anträgen und dem Umzug unterstütz­t. Und ihnen ihre Rechte und Pflichten als Mieter erklärt. „Es beginnt schon mit praktische­n Dingen wie Heizen und Lüften. Hinzu kommen die kulturelle­n Unterschie­de.“In

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Vermieter RalfDieter Fischer (69) mit seiner Tochter Brit-Meike FischerPin­z (44), die die Nachbarin der syrischen Familie ist
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