Hamburger Morgenpost

1968 Deshalb war die Polizei so brutal

Detlev Hohn hat als Beamter die Osterunruh­en erlebt – Teil 4

- OLAF WUNDER o.wunder@mopo.de

1968 ist das Jahr, in dem die Studenten in Hamburg auf die Barrikaden gehen und sich einer ziemlich aggressive­n Polizei gegenübers­ehen: Mit Gummiknüpp­eln und Wasserwerf­ern gehen Beamte gegen junge Menschen vor, die eigentlich nichts weiter wollen als eine demokratis­chere Gesellscha­ft. Es kommt zu Ausschreit­ungen.

Detlev Hohn ist damals 24 und damit genau in dem Alter, in dem auch die meisten Demonstran­ten sind. Doch er steht auf der anderen Seite der Absperrgit­ter, ist Polizeibea­mter. Ostern 1968, als sich das Attentat auf Rudi Dutschke ereignet und es in Hamburg zu schweren Unruhen kommt, besucht er gerade einen Lehrgang an der Polizeisch­ule und wird als Kameramann eines FilmTrupps in den Einsatz geschickt. Er sieht die Brutalität seiner Kollegen durch den Sucher – und ist betroffen.

„Auch wir waren dabei – Ostern 1968 in Hamburg“, so heißt das Buch, das Detlev Hohn über jene Tage geschriebe­n hat. Fast minutengen­au beschreibt er darin die Ereignisse.

Auch diese Szene kommt darin vor: Karfreitag 1968. Stundenlan­g haben Studenten den Springer-Verlag abgeriegel­t und das Ausliefern von Zeitungen verhindert. Barrikaden haben sie gebaut, die Polizei mit Steinen beworfen. Und jetzt? Jetzt f iehen die Demonstran­ten über den Karl-Muck-Platz (heute Johannes-BrahmsPlat­z) und werden von Polizeibea­mten regelrecht gejagt. Erwischen die Beamten einen, prügeln sie mit ihren Gummiknüpp­eln gnadenlos auf ihn ein.

„Um Gottes willen, das dürfen sie nicht“, denkt Hohn damals. „Und dann hatten wir vom Filmtrupp eine Idee. Wir haben den Scheinwerf­er angemacht und draufgehal­ten. Weil unsere Kollegen glaubten, dass es der NDR ist, der sie da aufnimmt, haben sie sofort aufgehört mit dem Prügeln.“ die Demonstran­ten misshandel­t – und deutsche Polizisten tun nichts. Das war für mich unvorstell­bar. Und dann erschießt ein Polizist auch noch Benno Ohnesorg. Entsetzlic­h. Wir junge Beamte haben damals nichts gesagt, wir trauten uns nicht. Aber gedacht habe ich mir: Wenn ich an leitender Stelle bin, dann werde ich mithelfen, die Polizei zu verändern. Und das haben wir geschafft.“

Hohn hat 1968 Sympathien für die Anliegen der Studenten. „Denn was für eine furchtbare Zeit war das doch!“, sagt er kopfschütt­elnd. „Da wurden Schüler von ihren Lehrern geschlagen. Frauen brauchten eine

 ??  ?? Detlev Hohn (74) leitete das Kommissari­at 34 Langenhorn/ Fuhlsbütte­l. Über 1968 hat er ein spannendes Buch geschriebe­n.
Detlev Hohn (74) leitete das Kommissari­at 34 Langenhorn/ Fuhlsbütte­l. Über 1968 hat er ein spannendes Buch geschriebe­n.

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