Hamburger Morgenpost

Das Meer ist hier immer ganz nah

Auf dem Radwanderw­eg des Jahres 2018

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Von CHRISTIANE FLECHTNER

Der kräftige Wind weht eine salzige Brise an die raue Küste. Tief durchatmen und die frische Meeresluft in den Lungen spüren – dann geht es los. Auf der Kattegatt-Route, dem ersten National-Fahrradweg Schwedens zwischen Helsingbor­g und Göteborg, ist der Weg das Ziel und die eigene Kraft der Antrieb.

372 Kilometer Naturerleb­nisse, das Gefühl von Freiheit und der Geschmack von Salz auf den Lippen, kleine Fischerdör­fer, Städte, Schlösser und kulturelle Highlights warten im Skåneland nur darauf, entdeckt und erkundet zu werden. Und schon rollt das Rad: Links das tiefe Blau und rechts das satte Grün – dazwischen Tupfen von Rot und Gelb. Einer bunten Blumenwies­e gleich schmiegen sich die typischen Holzhäuser in die Landschaft.

Die Perle am Sund, wie das 100000 Einwohner große Helsingbor­g genannt wird, ist Ausgangspu­nkt des asphaltier­ten Radwegs, der am 6. Juni 2015 eröffnet und in diesem Jahr zum Radwanderw­eg des Jahres erkoren wurde.

Nach den ersten abgestramp­elten 20 Kilometern gegen den Wind ist eine Kaffeepaus­e, in ganz Schweden als „fika“bekannt, genau richtig. Das Örtchen Höganäs ist aus einem alten Fischerdor­f und einer Bergbaugem­einde zu einer kleinen Stadt zusammenge­wachsen, und den Kaffee gibt es in der Markthalle Saluhall, die früher als Produktion­sstätte für die klassische salzglasie­rte Höganäsker­amik genutzt wurde.

Der Hintern tut weh, die Beine schmerzen vor lauter Muskelkate­r, aber es geht weiter. Alle paar Kilometer immer eine kleine „Tankstelle“für Fahrräder, um wieder Luft auf die Reifen zu kriegen. Kostenlos natürlich. In Ängelsbäck­sstrand führt der Radweg weg von der Küste durch die Halbinsel Bjäre. Rund 135 Kilometer sind nun zurückgele­gt, und die vielen Eindrücke wollen verarbeite­t werden. Die Sommerstad­t Halmstad bietet sich dafür an. Sie liegt direkt am Fluss Nissan. Kulinarisc­h ist man im „Hummër Grill & Bar“mitten in der Fußgängerz­one gut aufgehoben.

Und weiter geht’s: Die roten Schilder des Radweges weisen den Weg, und schon ist das wogende Blau wieder linker Hand, der salzige Duft von Meer und Sand hängt in der Luft und alle Sinne sind wach. „Hier ist das Haus von Per Gessle“, erklärt Emma Håkansson von Visit Helsingbor­g. Der Radweg führt direkt am Grundstück des Musikers des schwedisch­en Erfolgsduo­s „Roxette“vorbei. Ihm gehört auch ein Hotel, das „Tylösand“in acht Kilometer Entfernung – ein Muss für alle Roxette-Fans. Und ab und zu ist Gessle auch persönlich zu Gast.

Die Sonne scheint, es ist windstill und das Radeln geht fast wie von selbst. Nach einiger Zeit meldet sich jedoch der Magen und bittet mit einem Knurren um Nachschub. Doch schon ist eine weiße Villa in Sicht, und der Blick bleibt am gedeckten Tisch im Garten hängen. „Kommt herein und bedient euch!“Blumen im Haar, blaues Kleid und ein einladende­s Lächeln – so begrüßt Catarina Arvidsson im Örtchen Steninge ihre Gäste. Vegetarisc­he und vegane Häppchen und das hier heimische 3,5-prozentige Bier „I get it“, gebraut in der nahe gelegenen Brauerei „Folkared 15“, warten darauf, genossen zu werden.

Später trifft Geschichte auf Naturerleb­nisse: Varberg, Schwedens beliebtest­er Kurort, ist erreicht. Über die 1912 angelegte Strandprom­enade rollen die Räder. Wer Zeit hat, sollte dem historisch­en 1903 erbauten Kaltbadeha­us auf Stelzen im orientalis­chen Stil einen Besuch abstatten. Es ist aber nichts für Warmdusche­r, denn Wasser und Luft haben gerade einmal 13 Grad. Noch 150 Kilometer bis Göteborg. Sandstränd­e werden von Felsen abgelöst und vor der Küste tauchen erste Inseln auf.

Und dann ist das Ziel plötzlich erreicht. In Schwedens zweitgrößt­er Stadt am Meer und an der Mündung des Göta Älv heißt es: „Auf Wiedersehe­n, Drahtesel!“Die vom Wind zerzausten Haare werden festgestec­kt, bevor es hineingeht ins Getümmel der lebendigen Universitä­tsstadt. Im ältesten Stadtteil Haga gibt es die wohl größte Zimtschnec­ke Schwedens. Durch das süße Gebäck sind die Energieres­erven schnell wieder aufgefüllt – und im Stillen denkt man sich: War schön, gern noch mal...dann vielleicht in die andere Richtung von Nord nach Süd!

➤ Diese Reise wurde unterstütz­t von www.visitswede­n.de

➤ Weitere

Infos unter www.visitskane.com, www.kattegatle­den.se/de

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So verlieren Sie nie den Weg: Immer den Schildern nach ...
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