Hamburger Morgenpost

Der letzte Rock ’n’ Roller der Politik wird 70

Ex-Außenminis­ter, Turnschuh-Politiker und Grünen-Ikone – heute feiert er einen runden Geburtstag

- STU

Berlin - Ruhig ist es geworden um den letzten „Rock’n’Roller“der deutschen Politik. Im Vorfeld seines heutigen 70. Geburtstag­es gab er ein paar Interviews, die sich vor allem um sein jüngstes Buch drehen, das den bezeichnen­den Titel „Der Abstieg des Westens“trägt. Joschka Fischer ist zu einem Mahner geworden, einem Verzagten, der ein wenig den Eindruck vermittelt, in dieser neuen Welt der Trumps & Putins seinen Kompass verloren zu haben.

Es gab eine Zeit, da glich die Bundespoli­tik einem RockLife-Event. Und er hatte großen Anteil daran – Joschka Fischer, der Ex-Sponti aus der Hausbesetz­erszene des Frankfurte­r Westends, ExSteinewe­rfer, Ex-Taxifahrer ... Der sich in Nike-Sneakers 1985 zum ersten grünen Minister vereidigen ließ, den Bundestags­präsidente­n als Arschloch abkanzelte. Der in den Jahren kohlscher Bräsigkeit allein dank seiner Aura zum konsequent­esten Gegenentwu­rf wurde. Fischer war cool, Fischer war eloquent, Fischer war so, wie die 80er-Kids gern sein wollten. Doch bereits bevor er 1998 an der Seite von Gerhard Schröder Außenminis­ter wurde, durchlebte er eine Metamorpho­se, wurde kühl, berechnend, distanzier­t, bissig bis gereizt gegenüber Journalist­en und Parteifreu­nden, die ihm in die Quere kamen. Viele, die „ihren Joschka“aus der Nähe erlebten, lernten ihn als Kotzbrocke­n kennen. „5-Mark-Nutten“nannte er Journalist­en. Die revanchier­ten sich, zerrten alte Fotos des Steinewerf­ers hervor.

Als Außenminis­ter war er ein Glücksgrif­f, als wäre er im Maßanzug geboren und hätte auf dem Diplomaten­parkett das Laufen gelernt. Für Deutschlan­ds Eintritt in den Kosovokrie­g bezahlte Fischer mit einem Farbbeutel, der ihn am Ohr traf. Unvergesse­n sein Auftritt vor dem auf Lügen basierende­n Irak-Krieg der Bush-Administra­tion, als er dem USVerteidi­gungsminis­ter entgegensc­hleuderte: „Excuse me, I am not convinced“(Ich bin nicht überzeugt davon).

Die Welt blieb bis heute seine Bühne. Fisch r berät BMW, Siemens, diverse Stromkonze­rne und as „Nasortisei­ner bucco“-Pipeline-Ko um, arbeitet mit Exlbright Kollegin Madeleine und mit George S ros zumittlere­r sammen. Mit seiner weile fünften Frau, Filmarati-FiVilla produzenti­n Minu scher, lebt er in eine in Berlin-Grunewald.

 ??  ?? Fischer (Kreis) als Teilnehmer einer Demo auf der Frankfur er Zeil 1974 und bei der Vereidigun­g 1985 als Hessens Umweltmi ister
Fischer (Kreis) als Teilnehmer einer Demo auf der Frankfur er Zeil 1974 und bei der Vereidigun­g 1985 als Hessens Umweltmi ister
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany