Heide-Hollywood wird abgerissen
Der Kinderzirkus Willibald bekommt am Donnerstag den Stadtteilpreis Bagger in den Ex-Filmstudios in Bendestorf. Wohnungen entstehen
Es ist viel mehr als nur Clowns, Artistik und Magie. Der Kinderzirkus Willibald gehört seit vielen Schülergenerationen fest zu Wilhelmsburg und ist mit der Zeit zu einem sozialen Kulturprojekt geworden. Für seine tolle Arbeit wird der Zirkus nun geehrt – er gehört zu den 17 Preisträgern des Stadtteilpreises, die am Donnerstag im Winterhuder Fährhaus ausgezeichnet werden.
Alles begann 1993. Damals wurde der Zirkus Willibald als Projekt an der Gesamtschule Wilhelmsburg gestartet. Heute gibt es im ganzen Stadtteil feste Zirkusgruppen, zum Beispiel in der Honigfabrik und im Haus der Jugend. Auch Flüchtlingskinder machen mit, für sie gibt es zusätzlich ein Sprachförderungsprogramm. In diesem Jahr feiert der Zirkus sein 25-jähriges Bestehen. Für die große Jubiläumsgala brauchen die kleinen Künstler unbedingt neue Kostüme. Weil Geld bei dem Zirkus knapp ist, bewarb er sich beim Stadtteilpreis von MOPO Ein Stück Kinogeschichte verschwindet, jeden Tag ein bisschen mehr. In Bendestorf (Landkreis Harburg) hat jetzt der Abriss der Filmstudios begonnen. In den Hallen südlich von Hamburg wurden viele NachkriegsFilme gedreht, das Gelände galt als „Heide-Hollywood“.
1950 stand die splitternackte Hildegard Knef dort vor der Kamera. In dem und PSD Bank Nord. Mit Erfolg! Die Einrichtung bekommt 2500 Euro. Mit dem Geld werden bis zu 100 neue Kostüme für die kleinen Künstler angeschafft.
Am Donnerstag ist die große Preisverleihung. Die Zirkuskinder sind natürlich auch dabei. Der Stadtteilpreis wird in diesem Jahr zum zehnten Mal vergeben. Bislang wurden 153 Einrichtungen und Projekte in der ganzen Stadt ausgezeichnet. Streifen „Die Sünderin“ging es um Themen wie Sterbehilfe, Selbstmord und Prostitution – damals ein Skandal. Auch frühere Leinwandhelden wie Zarah Leander, Heinz Rühmann, Hans Albers und Gustav Fröhlich drehten auf dem Gelände.
Die letzte große Produktion war 2015 ein Film über den Regisseur Fritz Lang mit Heino Ferch. Zwei Jahre später wurde das Gelände verkauft. Als sich MOPO-Reporter kürzlich dort umsahen, entdeckten sie Ruinen. Auf einem Dach wuchsen Bäumchen, die Bibliothek war vermodert, ein Deckenbalken eingestürzt. Der Abriss wird Wochen dauern. 30 Wohnungen entstehen auf dem Gelände. Einzig das Gebäude mit dem Filmmuseum Bendestorf bleibt.