BKA: 10 500 Straftaten von „Reichsbürgern“!
Einige sind sogar bereit, für ihre Ideologie zu töten
BERLIN – Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an, verfolgen oft wirre Verschwörungstheorien – und sind alles andere als harmlose Spinner. Nach dem aktuellen Lagebild des Verfassungsschutzes und des Bundeskriminalamts (BKA) werden die selbst ernannten „Reichsbürger“gefährlicher. Viele sind bereit, für ihre Überzeugungen zu töten.
Es sind unglaubliche Zahlen, die da an die Öffentlichkeit gelangen: Von 2015 bis Mitte 2017 sollen „Reichsbürger“in Deutschland über 10500 Straftaten begangen haben. So viele zählen zumindest das BKA und der Verfassungsschutz in einem Lagebericht, der dem „Spiegel“vorliegt.
Die Taten reichen von Drohungen bis hin zu gefährlicher Gewalt. 59 Gewalttaten durch „Reichsbürger“wurden demnach allein im ersten Halbjahr 2017 registriert.
Dabei sind die „Reichsbürger“keine einheitliche Gruppe, sie verfolgen unterschiedliche Verschwörungstheorien, sind teils sektenartig organisiert und auch die Gewaltbereitschaft schwankt enorm. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) spricht von „ Personen mit einem offenkundig gestörten Verhältnis zur Realität bis hin zu tickenden Zeitbomben“.
Die Zahl der „Reichsbürger“steigt indes enorm an. In Brandenburg ist sie von 300 im Jahr 2016 auf 600 gestiegen. In Bayern sollen mittlerweile 3850 „Reichsbürger“leben. Im September 2017 schrieb der Verfassungsschutz rund 15 000 Menschen der „Reichsbürger“Bewegung zu.
Einige von ihnen wollen ihre Ansichten laut Verfassungsschutz auch mit Gewalt durchsetzen. Sieben Männer und eine Frau aus der „Reichsbürger“-Szene sollen laut Bundesanwaltschaft geplant haben, die bundesrepublikanische Ordnung zu stürzen und „durch eine an die organisatorische Struktur des deutschen Kaiserreiches angelehnte, neue staatliche Ordnung zu ersetzen“. Auch von einer „Todesliste“und einer bewaffneten Untergrundarmee soll laut „Spiegel“die Rede gewesen sein.
BKA und GSG9 haben in diesem Zusammenhang Grundstücke und Wohnungen in Brandenburg, Berlin und Thüringen durchsucht. Waffen haben sie dabei nicht gefunden, nur Schriftstücke. Die Auswertung dauert an – die „Reichsbürger“bleiben vorerst auf freiem Fuß.