Hamburger Morgenpost

Es gibt keinen Grund, mit Messer rumzulaufe­n!

- Der Autor

Kurze Zusammenfa­ssung der vergangene­n Tage. Donnerstag: Mann tötet Frau und Kind am Jungfernst­ieg mit einem Messer. Freitag: Mann sticht Widersache­r nach Streit um laute Musik im HVV-Bus nieder. Sonntag: Mann sticht zwei Männern vor einer Disco in Bad Segeberg in den Hals, in St. Georg werden fünf Männer nach einem Messer-Angriff geschnappt.

In allen Fällen waren die Taten, so der Ermittlung­sstand, nicht geplant. Aber alle Täter hatten Messer dabei.

Welchen vernünftig­en Grund es gibt, in Hamburg mit Messer rumzulaufe­n? Mir fällt keiner ein – außer, ich möchte angeln und brauche etwas, um Fische aufzuschli­tzen. Angler, das ist praktisch, erkennt man an ihren Angeln. Sie sind bislang nicht als notorische Messerstec­her aufgefalle­n.

Das letzte Mal, dass ich mit einem Messer rumlief, war als pickeliger Teenager in den wilden 90ern. Damals hatten wir alle Butterf y-Messer und fuchtelten wichtigtue­risch damit rum. 2003 wurden diese Messer und einige andere Varianten verboten. 2008 kam noch ein Trageverbo­t für bestimmte Klingen hinzu. Heute blickt keiner mehr durch – und wer will, kauft sich im Eckladen zum BilligSchn­aps noch schnell ein Messer, man weiß ja nie, was der Abend so bringt.

Lange war das Messer verbrechen­stechnisch aus der Mode gekommen – zumindest gefühlt, Zahlen gibt es nicht, Messerangr­iffe werden in Hamburg nicht gesondert erfasst. Doch seit einiger Zeit scheint das Messer wieder en vogue zu sein bei all jenen, deren Selbstbewu­sstsein eine künstliche Vergrößeru­ng braucht. Auch bundesweit kam es zuletzt zu einer Häufung aufsehener­regender Fälle, alle mit Messern begangen.

Was es deshalb braucht, ist eine generelle Ächtung, eine klare Ansage: Es ist nicht erlaubt, mit einem spitzen, stabilen Messer (damit ist also nicht das Schweizer Klappmesse­r mit Korkenzieh­er und 4-cm-Klinge gemeint, mit dem man am Elbstrand die Weinf asche öffnet, sondern das robuste, mit dem man Bäuche öffnen kann) durch unsere Straßen zu laufen – wer es dennoch tut, wird bestraft. Natürlich: Wer jemanden abstechen will, wird auch weiter ein Messer mitnehmen, ohne dass die Polizei dies verhindern kann. Entscheide­nd ist, dass es nicht normal sein darf, ein Messer bei sich zu tragen. Dass, wer damit erwischt wird, eine Strafe zahlen muss. Das könnte die Verbreitun­g eindämmen – und damit das Risiko, Opfer eines Mannes zu werden, der im Streit ein Messer zieht, weil

er dieses immer dabeihat.

Das Messer scheint wieder en vogue zu sein bei Männern mit kleinem Selbstbewu­sstsein.

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