Das schmutzige Geschäft mit den süßen Tierbabys
Illegaler Handel nimmt drastisch zu
STUTTGART - Im dunklen Kofferraum, eingepfercht in viel zu kleine Käfige, fahren jedes Jahr Tausende Tiere in Deutschland einer ungewissen Zukunft entgegen. Viele überleben den illegalen Transport nicht, einige verenden später kläglich an den Folgen. Den Händlern geht es um Profit, den Käufern um möglichst billige Tiere. Die Zahl der herzlosen Transporte steigt laut einer neuen Statistik an – mit tragischem Folgen.
Es ist zwei Uhr nachts, als die Polizei an Marion Wünns Tür klingelt. Die Leiterin des Stuttgarter Tierheims kann kaum glauben, was sie da sieht: Über 100 Hunde und Katzen, in elendigem Zustand. Die Beamten haben sie bei einer Routinekontrolle, eingepfercht in einem Transporter aus der Slowakei, entdeckt und befreit.
Die folgenden 24 Stunden arbeiten Marion Wünn und ihre Helfer durch. Aufopferungsvoll kümmern sie sich um die schwachen Wesen – aber sie können nicht verhindern, dass einige an den Folgen sterben. Zwei Wochen später sind fünf Hunde und sieben Katzen tot.
Der Fall in Stuttgart ist tragisch, aber leider nur einer von vielen. 628 Hunde hat die Polizei laut einer Statistik des Deutschen Tierschutzbunds 2017 beschlagnahmt, 2016 waren es noch 495. Noch deutlicher fällt der Anstieg bei Kleintieren wie Vögeln, Mäusen und Meerschweinchen aus. 2016 hat die Polizei 1100 von ihnen aus Transportern befreit – 2017 stieg die Zahl auf knapp 11 000 Tiere.
„Man kann davon ausgehen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist“, sagt Lea Schmitz vom Tierschutzbund. Gezielte Kontrollen gibt es kaum, die entdeckten Fälle sind eher Zufallstreffer.
Doch selbst wenn die illegalen Transporte auffliegen, sind die Händler oft schwer greifbar und werden selten bestraft. Der Tierschutzbund spricht von einer „Welpenmafia“. Die Tiere werden oft unter miserablen Bedingungen in Osteuropa gezüchtet und illegal verkauft. Sie werden viel zu früh von den Eltern getrennt, haben so kaum Abwehrkräfte, sind schwach.
Tierschützer warnen vor dubiosen Verkaufsangeboten – bei niedrigen Preisen oder fehlenden Papieren solle man stutzig werden. Viele kriminelle Züchter verramschen die Tiere im Internet auf Plattformen wie Ebay Kleinanzeigen.
Die beschlagnahmten Tiere aus dem Transport bei Stuttgart dürfen im Tierheim bleiben, hat die Stadt beschlossen. Für Marion Wünn, die Leiterin des Heims, stand ohnehin von vornherein fest: „An die Händler gebe ich die Tiere niemals zurück. Nur über meine Leiche.“