„Stoppt rassistische Kontrollen“: Demo gegen Drogenrazzien
450 Protestler ziehen gegen „Task Force Drogen“durch die Stadt. Polizei mit Hundertschaft vor Ort
Von TILL WENDT, MAX WEINHOLD (Text) und RÜDIGER GAERTNER
Widerstand gegen die Anti-Drogen-Offensive der Polizei: Mitglieder und Sympathisanten der Organisation „Copwatch“auf St. Pauli haben sich gestern zu einer Demonstration „gegen den Belagerungszustand, den Überwachungsstaat“und – so der Tenor der Demo – gegen „die rassistischen Kontrollen der Polizei“versammelt.
Seit zwei Jahren gehen die Beamten der Task Force auf St. Pauli, in St. Georg und in der Schanze besonders engagiert gegen den Drogenhandel vor. Mit verstärkter Polizeipräsenz will man die Dealer aus den bekannten Problemzonen vertreiben. Die Protestler begreifen das als Belagerung.
Die Einstufung der Viertel als „gefährliche Orte“erlaubt es Beamten unter anderem, verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen. Weil viele der tatsächlich überführten Dealer aus Afrika stammen, kritisieren insbesondere linke Bündnisse die Maßnahme als rassistisch. Der Protestmarsch begann um 16 Uhr am Park Fiction. Zuvor waren einzelne Redebeiträge auf Deutsch, Französisch und Englisch gehalten worden. „24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche patrouillieren Polizisten an der Hafenstraße“, sagte eine Rednerin. „Ihre verdachtsunabhängigen Kontrollen versetzen alle in Angst“, beklagte sie. Sogar Anwohner und Nachbarn würden völlig grundlos kontrolliert werden. Ein Afrikaner appellierte auf Englisch an die Beamten: „Unsere schwarze Haut ist nicht die Definition von Marihuana!“
Rund 350 Personen bewegten sich vom Park Fiction durch die Bernhard-Nocht-Straße in Richtung Reeperbahn. Vorneweg marschierten Dutzende Dunkelhäutige – diejenigen, die sich durch die Kontrollen am meisten diskriminiert fühlen.
Eine Sprecherin der Demo kritisierte, die Kontrollen – zum Beispiel an der Hafenstraße – seien unbegründet: „Es gibt hier kein Problem mit der Sicherheit. Es gibt hier ein Problem mit Rassismus und mit der Polizei! Wir wollen mit der Demo gegen die Kriminalisierung unserer Nachbarschaft aufmerksam machen.“
Allerdings gestanden die Veranstalter auch ein, dass viele ihrer Nachbarn dealen – „weil andere Zukunftsperspektiven fehlen und ihnen die Teilhabe an verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen verwehrt bleibt“. Schon in den vergangenen Wochen hatten sich Anwohner zum symbolischen „Cornern“getroffen, um das Vorgehen der Polizei zu beklagen.
Gestern Nachmittag blieb alles friedlich, die bis zu 450 Demonstranten liefen über die Reeperbahn, Talstraße und Schanzenstraße bis in den Schanzenpark. Die immer wieder lautstark vertretene Botschaft der vor allem schwarzafrikanischen Männer und ihrer Unterstützer: „Stoppt die rassistischen Kontrollen!“