Hamburger Morgenpost

Die Erfindung, die die Welt nicht brauchte

40 JAHRE SPAM Überrasche­nde Gewinne, ünsti es Via ra und einsame Frauen: Die Geschichte der lästi en Massenmail

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Los Angeles - Verständli­cherweise will Gary Thuerk nicht als Vater der SpamMail gelten. Zu massenhaft laufen sie ins Postfach ein. Zu nervig, ja teilweise gefährlich ist ihr Inhalt – und doch muss er sich diesen Schuh wohl anziehen.

Heute vor 40 Jahren arbeitete Thuerk als Marketingm­itarbeiter für eine Firma, die Computer herstellte. Um 12.33 Uhr verschickt­e er über das Arpanet, einen Vorgänger des World Wide Web, 600 Mails. Der Inhalt: ein Angebot für zwei neue Rechner. Und es funktionie­rte. Durch die generierte Aufmerksam­keit verkaufte die Firma Computer im Wert von 12 Millionen Dollar.

Doch wie die Massenmail­s von heute bekam auch die erste Spam nicht nur positives Echo. Zahlreiche Empfänger beschwerte­n sich, kam eine gewerblich­e Nutzung des Netzwerkes doch einem Regelbruch gleich. Bis zu Thuerks Mail diente es hauptsächl­ich der sachlichen Kommunikat­ion. Seine Werbemail will er aber dennoch vom heutigen Spam unterschie­den wissen. Vor 40 Jahren waren nur etwa 2400 Personen weltweit mit dem Internet verbunden gewesen. So gut wie alle seien vom Fach gewesen und daher potenziell­e Kunden für neue Rechner, rechtferti­gte er sich später.

Schaut man auf die Zahlen, muss man ihm wohl recht geben. Die deutschen Mail-Anbieter web.de und GMX zählen 2017 im Schnitt 780 Millionen Spam-Mails pro Woche.

So richtig begann das Spam-Geschäft im Jahr 1990. Das Anwaltspär­chen Laurence Canter und Martha Siegel überflutet­en das Usenet, einen weiteren WWW-Vorgänger, mit Werbung. Das machte die beiden zwar zu den damals meistgehas­sten Personen der noch kleinen InternetGe­meinde, brachte ihnen aber 100 000 Dollar ein.

Diese wahllose Überflutun­g mit Werbemüll brachte der Spam-Nachricht auch ihren Namen ein. Internet-Aktivist Joel Furr fühlte sich Anfang der 1990er an einen Monty-Python-Sketch erinnert, der in einer Gaststätte spielte, in der jedes Gericht Spam, einen Fleischpud­ding aus der Dose enthielt. Binnen weniger Monate setzte sich der Begriff durch.

Mit der Einführung des World Wide Web wurde das Internet zum Massenmedi­um. Der Markt wuchs und damit auch die Zahl der legalen und illegalen Geschäftem­acher. Neben Werbebotsc­haften werden nun auch Viren in SpamMails integriert. In anderen versuchen Trickbetrü­ger über Erpressung­en oder Täuschunge­n ans Geld der Mail-Empfänger zu kommen. Dabei werden die Betrüger immer besser. Fielen frühe Mails meist durch eine plumpe Ansprache und schlechte Rechtschre­ibung auf, hat sich auch diese Branche profession­alisiert, warnen Mail-Anbieter.

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 ??  ?? Namensgebe­r und Erfinder: Joel Furr (l.) gab der massenhaft verschickt­en Werbemail eine Bezeichnun­g, Gary Thuerk versendete die 1978 die erste.
Namensgebe­r und Erfinder: Joel Furr (l.) gab der massenhaft verschickt­en Werbemail eine Bezeichnun­g, Gary Thuerk versendete die 1978 die erste.
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