Hamburger Morgenpost

Polizei will Seehofers „Ankerzentr­en“nicht

ASYL Beamte warnen: Großeinsät­ze wie in Ellwangen könnten Alltag werden

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BERLIN - Müssen wir uns an Bilder wie in Ellwangen gewöhnen: organisier­ter Widerstand von Flüchtling­en gegen Abschiebun­gen, gefolgt von einer massiven Antwort des Staates? Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will Abschiebun­gen „geräuschlo­ser“über „Ankerzentr­en“abwickeln. Doch ausgerechn­et die Polizei ist dagegen.

Ankerzentr­en – das steht für ANK(unft) von Flüchtling­en registrier­en, die E(ntscheidun­g) über ihren Verbleib treffen und ihre R(ückführung) organisier­en. Seehofer will einen Modellvers­uch starten – braucht dafür aber die Bundesländ­er. Bayern, Hessen und NordrheinW­estfalen haben ihre Bereitscha­ft dazu signalisie­rt. Aber: Ausgerechn­et die Polizei sträubt sich. Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigew­erkschaft, warnt: „Weder die Bundes- noch die Landespoli­zei verfügen über die personelle­n Kapazitäte­n, um solche Zentren mit zu sichern.“Und auch Oliver Malchow, Chef der Gewerkscha­ft der Polizei, erklärt: „Wir wollen solche Zentren nicht bewachen – wir sind ausgebilde­te Polizeibea­mte und kein Wachperson­al.“

Malchow forderte Seehofer auf, bei den Ankerzentr­en noch einmal „neu hinzugucke­n“. Seine Befürchtun­g: Würden die Flüchtling­e nicht beschäftig­t und nur „verwahrt“, stiege deren Aggressivi­tät. Weitere Fälle wie in Ellwangen würden so wahrschein­licher.

Seehofer wiederum beteuert, er wolle Migranten während des Asylverfah­rens nicht „einsperren“. Er setzt auf die Residenzpf­licht – Flüchtling­e dürfen dann ein Gebiet, beispielsw­eise eine Stadt, nicht verlassen.

Unterdesse­n geht auch die Diskussion über Ellwagen weiter. Boris Palmer (Grüne) sagte mit Blick auf die Schwarzafr­ikaner, die die Abschiebun­g eines Togolesen zunächst verhindert­en: „Ihre Solidaritä­t gilt Menschen mit gleicher Hautfarbe, nicht unseren Gesetzen. Unter umgekehrte­n Vorzeichen wäre da mal wieder der Vorwurf ,Rassismus‘ fällig.“90 Prozent der Asylbewerb­er seien friedlich, aber zehn Prozent machten alles zunichte – und ihnen gegenüber fehle es an Entschiede­nheit. Ulla Jelpke (Linke) kritisiert­e den Polizeiein­satz hingegen. Dieser habe dazu gedient, „Flüchtling­e, die solidarisc­h zusammenst­ehen“, einzuschüc­htern.

Der Togolese, um den es in Ellwangen ging, sitzt inzwischen in Auslieferu­ngshaft. Entspreche­nde Haftplätze gibt es in Deutschlan­d 400. Seehofer will die Zahl deutlich erhöhen. Großbritan­nien verfügt über 4000.

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Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will Asylverfah­ren unter einem Dach bündeln. Aber seine „Ankerzentr­en“stehen in der Kritik.

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