Hamburger Morgenpost

„Es ist bitter, als Absteiger zu gehen“

Nach acht Jahren verlässt er den HSV. Abschied auf der Tribüne enttäuscht­e ihn: „Hat wehgetan“

- VOM HSV BERICHTEN SIMON BRAASCH UND BUTTJE ROSENFELD redaktion-sport@mopo.de

Das war es dann also. Heute Vormittag trifft Dennis Diekmeier ein letztes Mal auf seine Kollegen, dann schließt sich das Kapitel HSV für ihn. Nach acht Jahren geht der Rechtsvert­eidiger ablösefrei – und musste den Abstieg von der Tribüne aus verfolgen. Ein unehrenhaf­tes Ende. Die MOPO bat den 28-Jährigen zum Abschieds-Interview.

MOPO: Herr Diekmeier, mit welchen Gefühlen verlassen Sie den HSV?

Dennis Diekmeier: Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Gerade die Eindrücke des Wochenende­s waren schon sehr krass. Den HSV jetzt auch noch als Absteiger verlassen zu müssen, das ist so unglaublic­h bitter.

Sie selbst verfolgten das Saison-Finale von der Tribüne aus.

Richtig. Da hatte ich natürlich noch mehr Zeit, mir über alles Gedanken zu machen.

Wie groß ist Ihre Enttäuschu­ng über die Art und Weise Ihres Abschieds?

Die Eindrücke sind noch sehr frisch. Ich denke, jeder kann nachvollzi­ehen, dass ich nach acht Jahren beim HSV lieber woanders gewesen wäre als oben auf der Tribüne. Das hat schon wehgetan. Aber ich will und werde keine schmutzige Wäsche waschen. Es ist vor allem der Abstieg, der schmerzt. Es war hart, so viele Menschen weinen zu sehen.

Was nehmen Sie aus Ihren acht HSV-Jahren mit?

Unglaublic­h viel. Eine so lange Zeit bei einem Verein bleiben zu können, das gibt es ja nicht mehr so oft. Wer schafft das in der heutigen Zeit noch? Thomas Müller und die Bayern fallen mir ein. Oder Philipp Bargfrede bei Werder. Ich war und bin mir bewusst, dass das eine besondere Beziehung zwischen dem HSV und mir war und ist. Aber das waren schon krasse Jahre, mit den Relegation­en und all den dramatisch­en Dingen. Verspüren Sie Stolz?

Ich denke, angesichts des Abstiegs wäre das jetzt das falsche Wort. So viele Mitarbeite­r und Fans leiden, da möchte ich in diesen Tagen nicht von Stolz sprechen. Was ich aber sagen kann: Ich habe es immer geliebt, im Volkspark aufzulaufe­n. Heimspiele waren für mich absolute Festtage – jedes Mal! Wie die Fans uns gepusht haben, ist einmalig.

Ihr schönster Moment beim HSV?

Das war tatsächlic­h der Tag meines ersten Spiels. Ich war ja schon als Kind HSV-Fan. Als ich dann aus Nürnberg zum HSV wechselte und mich sofort schwer verletzte, das war schon hart. Acht Monate musste ich warten. Im März 2011, beim 6:2 gegen Köln, war es dann endlich so weit. Diesen Tag werde ich nie vergessen, das war wahnsinnig emotional. Als ich endlich das HSV-Trikot überziehen und auflaufen konnte. Da wurde ein kleiner Lebenstrau­m wahr.

Und Ihre schwersten Momente?

Die letzten Monate waren natürlich nicht schön. Es ging nach der Winterpaus­e los, als ich meinen Stammplatz verlor. Jetzt so lange draußen zu sitzen, das war total ungewohnt, das kannte ich nicht.

Dennoch machten Sie immer einen positiven Eindruck.

Mein Ziel war es, mich weiter anzubieten. Das Wichtigste aber war: Ich wollte auch in der Kabine keine schlechte Stimmung verbreiten. Damit gefährdest du dann den Erfolg der Mannschaft. Das war das Letzte, was ich vorhatte. Auch wenn ich nicht mehr gespielt habe, hatten wir ja gemeinsame Ziele.

Und nun? Wie geht es für Sie weiter?

Schaun wir mal (lacht). Ich denke, dass die Entscheidu­ng in den nächsten Wochen fallen wird. Derzeit gibt es mehrere Möglichkei­ten im In- und Ausland.

Werden Sie nach der Karriere nach Hamburg zurückkehr­en?

Die Verbundenh­eit zur Stadt ist natürlich riesig, unsere vier Kinder sind alle hier geboren. Ich denke aber, dass wir später noch etwas höher Richtung Küste ziehen, in die Timmendorf­er Ecke.

Und was ist nun mit dem ersten Tor? Es wollte einfach nicht klappen, Sie sind mit 203 Bundesliga­spielen ohne Treffer der torungefäh­rlichste Spieler der Liga.

Tja, da wird sich dann ein anderer Verein über mein erstes Tor freuen dürfen (lacht). Das ist schon schade, ich hätte

Eine so lange Zeit bei einem Verein – wer schafft das in der heutigen Zeit noch?

Als ich das HSV-Trikot überziehen konnte, da wurde ein kleiner Lebenstrau­m wahr.

wahnsinnig gern im HSVTrikot getroffen. Viel fehlte ja häufig auch nicht. Das bleibt natürlich ein großes Ziel.

Dennis Diekmeier, möchten Sie den Fans zum Abschied noch etwas sagen?

Ich hoffe, sie bekommen den Aufstieg geschenkt und das, was sie verdienen: absolut erstklassi­gen Fußball. Die HSV-Fans haben mir in jeder Phase sehr viel Kraft gegeben. Das werde ich nie vergessen.

 ??  ?? 173 Mal spielte Dennis Diekmeier seit 2010 für den HSV in der Bundesliga – und genoss vor allem die Heimspiele im Wohnzimmer Volkspark. Seinen Abschied (l.) hätte er sich auf dem Rasen gewünscht – nicht auf der Tribüne.
173 Mal spielte Dennis Diekmeier seit 2010 für den HSV in der Bundesliga – und genoss vor allem die Heimspiele im Wohnzimmer Volkspark. Seinen Abschied (l.) hätte er sich auf dem Rasen gewünscht – nicht auf der Tribüne.
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