Abtreibung? Iren sagen YES!
HISTORISCHE WENDE Große Mehrheit bei Referendum. Bisher galt das Verbot selbst nach einer Vergewaltigung
DUBLIN Es war für die Iren eineEnt scheidung von historischem Rang. Beim Abtreibungs referendum zeichnete sich eine große Mehrheit für eine Lockerung des strikten Verbots von Schwangerschafts ab brüchen ab. Nach Prognosen sagten 68 Prozent Ja zu einer Lockerung. Ministerpräsident L eo Varadkar, der für eine Zustimmung zu der Verfassungsänderung geworben hatte, schrieb auf Twitter: „Es sieht so aus, als würden wir Geschichte schreiben.“
„Was wir heute sehen, ist der Höhepunkt einer stillen Revolution, die in Irland in den vergangenen 10 bis 20 Jahren stattgefunden hat“, sagte Varadkar. „Die Menschen haben gesagt, dass wir eine moderne Verfassung für ein modernes Land wollen.“Die Abstimmung zeige, dass die Menschen in Irland Frauen respektierten. Im erzkatholisch geprägten Irland galt bisher eines der strengsten Abtreibungsverbote der Europäischen Union. Wer dagegen verstieß, konnte mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft werden. Selbst nach einer Vergewaltigung war ein Schwangerschaftsabbruch untersagt.
Mehr als 168700 irische Schwangere ließen von 1980 bis 2016 den Eingriff in Großbritannien vornehmen. Das geht aus britischen Statistiken hervor, für die die Heimatadressen der behandelten Frauen ausgewertet wurden. Auch in den Niederlanden lassen Irinnen abtreiben. Doch sind die Zahlen niedriger. Grundlage für das strikte Verbot war ein Verfassungszusatz von 1983. Demnach waren ungeborene Kinder genauso in ihrem Recht auf Leben geschützt wie ihre Mütter. Dieser Artikel soll nun wegfallen.
„Nur Malta, Andorra und San Marino haben innerhalb Europas noch strengere Abtreibungsgesetze als Irland“, sagte Leah Hoctor vom Zentrum für reproduktive Rechte.
Der UN-Menschenrechtsausschuss hatte das Abtreibungsverbot 2016 als Verstoß gegen Menschenrechtsvereinbarungen kritisiert und Dublin aufgefordert, es zu überarbeiten. Die katholische Kirche stellte sich gegen die Legalisierung von Abtreibungen. In drei Monaten reist Papst Franziskus nach Irland. In Dublin wird er am 25. und 26. August am Weltfamilientreffen teilnehmen.
Fast lax im Vergleich zu Irland ist die Lage in Deutschland. Hier kann eine Abtreibung bis zur zwölften Woche straffrei vorgenommen werden, wenn die Frau ausreichende Gründe für den Abbruch hat. Die Zahl der Eingriffe ist 2017 nach jahrelangem Rückgang wieder gestiegen - um 2,5 Prozent auf 101 200.