Seehofers schwerster Tag
Minister beim Innenausschuss zum Rapport. Koalitionspartner SPD geht auf Distanz
BERLIN - Gerade mal seit zweieinhalb Monaten im Amt, geht es für Innenminister Horst Seehofer um alles: Gestern musste der CSU-Chef in Sachen Flüchtlingsskandal beim ihm unterstellten Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dem Innenausschuss Rede und Antwort stehen.
Dabei bekommt er nicht nur Feuer von der Opposition: Sogar der eigene Koalitionspartner, die SPD, geht auf Distanz. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel: Seehofer müsse „glaubwürdig aufklären, wann er von welchen Vorgängen Kenntnis erlangt hat“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Aufklären und Konsequenzen ziehen – davon wird auch abhängen, wie die weitere Aufarbeitung aussieht. Wenn Herr Seehofer die Aufklärung so gar nicht voranbringt, kann man die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Ultima Ratio nicht mehr ausschließen.“
Der eigene Koalitionspartner, der einen Untersuchungsausschuss ins Spiel bringt – das birgt jede Menge Sprengkraft für das gesamte Regierungsbündnis.
Seehofer bemüht sich, den Ball flach zu halten. Er werde alles, was er wisse, auch im Bundestag sagen, so der Innenminister. „Es wird von mir schonungslos aufgeklärt und anschließend, wenn es notwendig ist – und ich denke, es ist notwendig –, auch aufgeräumt.“
Obwohl Seehofer keine persönliche Schuld an dem Skandal trägt – die inzwischen gefeuerte Leiterin der BAMF-Außenstelle Bremen hatte von 2013 bis 2016 unrechtmäßig mindestens 1200 Asyl-Anträge durchgewinkt, damals war Thomas de Maizière (CDU) Innenminister –, ist der CSU-Chef inzwischen mächtig unter Druck geraten. Vor allem mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober.
Die Grünen, die zur Sondersitzung des Innenausschusses einen Katalog von 60 Fragen vorgelegt hatten, stehen der gemeinsamen Forderung von FDP und AfD nach einem Untersuchungsausschuss skeptisch gegenüber. Sie befürchten, dass vor allem die AfD ein solches Gremium nutzt, um daraus ein Tribunal über die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin im Allgemeinen zu machen.
Dass Jutta Cordt, seit Anfang 2017 Präsidentin des BAMF, im Amt bleibt, wird bezweifelt. Sie dürfte als eine der Ersten ihren Job verlieren, wenn Seehofer personelle Konsequenzen zieht.