Hamburger Morgenpost

So charmant bettelt nur St. Pauli

Schreiben an die Anleger: Klub-Bosse hoffen auf Rückzahlun­gs-Verzicht und Millionen

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– 50 Cent Aufschlag pro Bier in Bars und Kneipen auf dem Kiez – waren viele Fans buchstäbli­ch voll da, damit ihr FC St. Pauli nicht auf dem Trockenen sitzen musste.

Als ein Jahr später, 2004, zudem „Rasenpaten­schaften“angeboten wurden, sorgten sich selbst die eigenen Marketing-Mitarbeite­r, der Kiezklub könne ein „Bettler-Image“bekommen.

Dieser Begriff könnte jetzt wieder die Runde machen. In einem zugegeben charmanten und launigen Schreiben wenden sich Präsident Oke Göttlich und Andreas Rettig, Geschäftsf­ührer der Millerntor­betriebs-GmbH KG, an die Zeichner der Anleihen, die mit stattliche­n sechs Prozent per anno verzinst wurden: „Früher hieß es immer, die Linken können nicht mit Geld umgehen. Wir haben Dein Geld natürlich nicht verfrühstü­ckt, sondern genau das damit gemacht, was wir versproche­n haben.“

Am 1. Juli empfangen die Macher des Zweitligis­ten die Besitzer der braun-weißen Wertpapier­e im Museum in der Gegengerad­e, um das Anleihe-Projekt abzuschlie­ßen. Der Zaster, so heißt es, soll aus Sicherheit­sgründen nicht bar ausgezahlt, sondern überwiesen werden ... wenn das überhaupt notwendig sein sollte! Denn die Bosse hoffen auf Rückzahlun­gs-Verzicht, schreiben: „Vielleicht willst du das Geld ja aber gar nicht wiederhabe­n, weil du eh gedacht hast, dass es futsch ist? Und möglicherw­eise möchtest Du deine liebgewonn­ene Anleihe einfach behalten?“

In diesen Fällen hätte man zwei Vorschläge. Der eine: „Der Kunstrasen­platz unserer Young Rebels am Brummerska­mp muss erneuert werden. Um uns dabei zu unterstütz­en, kannst Du den Wert Deiner Anleihe spenden. Du bekommst dann sogar eine steuermind­ernde Spendenbes­cheinigung.“Der andere: „Du kannst uns helfen, unser tolles Millerntor-Stadion abzubezahl­en, indem Du Deine Anleihe entwerten lässt und wir dein Geld in die Tilgung stecken.“Das Präsidium um Stefan Orth hatte die Anleihe vor sieben Jahren bereits mit der Vermutung auf den Markt gebracht, dass viele Fans ihre Kohle icht wiederaben möchen. Der aktulle Vize Johen Winand eß sich Ende vorigen Jahres so zitieren: „Die Erfahrunge­n zeigen, dass zwischen ehn und 15 rozent der Zeichner auf Zinsen und eine Rückzahlun­g verzichten.“Das wäre etwa eine Million Euro für den FC St.Pauli. Obwohl der seit vielen Jahren wirtschaft­lich überaus potent ist, dürfte der (Bettel-)Brief seine angestrebt­e Wirkung nicht verfehlen – und der Betrag wesentlich höher ausfallen.

 ??  ?? Die Herausgabe der Fan-Anleihe wurde mit diesem lustigen Plakat beworben – mit großem Erfolg. Jetzt steht die Rückzahlun­g an. Viele Anleger aber wollen ihr Geld gar nicht zurück.
Die Herausgabe der Fan-Anleihe wurde mit diesem lustigen Plakat beworben – mit großem Erfolg. Jetzt steht die Rückzahlun­g an. Viele Anleger aber wollen ihr Geld gar nicht zurück.
 ??  ?? 2011 präsentier­t St. Paulis Präsident Stefan Orth eine Fan-Anleihe im Wert von 500 Euro. Es gab auch welche für 100 und 1910 Euro.
2011 präsentier­t St. Paulis Präsident Stefan Orth eine Fan-Anleihe im Wert von 500 Euro. Es gab auch welche für 100 und 1910 Euro.
 ??  ?? Her damit! Viele Fans waren 2011 ganz heiß auf das Wertpapier.
Her damit! Viele Fans waren 2011 ganz heiß auf das Wertpapier.
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