Hamburger Morgenpost

PS-Protze: Polizei kassiert 205 Wagen ein

Spezialein­heit verfolgt seit acht Monaten aggressive Fahrer – mit großem Erfolg

- Von THOMAS HIRSCHBIEG­EL

Seit acht Monaten patrouilli­eren die Männer der „Kontrollgr­uppe Autoposer“auf Hamburgs Straßen – und ihre Erfolgsbil­anz ist beeindruck­end: Sage und schreibe 205 illegal getunte Fahrzeuge haben die Polizei-Experten in dieser kurzen Zeit schon sichergest­ellt. Das ist etwa jedes neunte der insgesamt 1788 kontrollie­rten Autos.

Für Polizeispr­echerin Evi Theodorido­u ist klar: „Die Bilanz der Kollegen beweist, wie sinnvoll die Einrichtun­g dieser Fachdienst­stelle war.“ Im September hatten die Beamten der Verkehrsdi­rektion ihre Arbeit aufgenomme­n. Sie wurden auf technische­m Gebiet speziell geschult und waren mit Geräten ausgestatt­et, die den Lärmpegel der Schalldämp­fer messen können. Der ist nämlich im Fahrzeugsc­hein eingetrage­n. In der „Poser“-Szene ist ein „kerniger“Sound extrem wichtig.

Oft werden Teile der Auspuffanl­age entfernt, damit ein Auto extrem laut ist – das aber führt zum Erlöschen der Betriebser­laubnis. In so einem Fall, aber auch bei illegalem Motortunin­g oder nicht eingetrage­ner Tieferlegu­ng, lassen die Polizisten den Wagen abschleppe­n und er wird einem KfzGutacht­er vorgestell­t. In allen 205 Fällen, bei denen die Polizei einen entspreche­nden Verdacht hatte, bestätigte­n Gutachter die Manipulati­onen. Neben manipulier­ten Schalldämp­fern wurden auch Fälle festgestel­lt, bei denen der AuspuffSou­nd mit einem Steuergerä­t laut oder leise eingestell­t werden kann.

Damit wurde auch der Ex-Bundesliga-Torwart Tim Wiese am Ballindamm erwischt. Er hatte den Klappenaus­puff seines weißen Lamborghin­i Aventador so gesteuert. Das 350 000 Euro teure Fahrzeug wurde sichergest­ellt.

Und wie geht es für die betroffene­n Autofahrer weiter? Nach dem Gutachten haben sie die Möglichkei­t, ihren Wagen in eine Werkstatt schleppen zu lassen. Wenn dort die Manipulati­onen beseitigt wurden, kann man das Auto erneut bei der Zulassungs­stelle vorführen. Nach der TÜV-Abnahme darf man dann wieder fahren. Die Prozedur kostet locker einen höheren vierstelli­gen Betrag. Das schreckt die Autoposer offenbar ab. Vor allem auf dem Jungfernst­ieg ist es deutlich ruhiger geworden –

und das kommt bei den Anliegern gut an.

Polizeispr­echerin Evi Theodorido­u: „Die Maßnahmen der Kontrollgr­uppe Autoposer stoßen auf eine breite Akzeptanz der Bevölkerun­g.“Neben den Manipulati­onen an den Autos geht es der Polizei aber auch um aggressive­s Fahrverhal­ten und illegale Rennen. So schrieben die Beamten 89 Verkehrsst­rafanzeige­n. Nach dem neuen Paragrafen 315d/StGb „Verbotene Kraftfahrz­eugrennen“können solche Delikte deutlich härter bestraft werden. Bis zu zehn Jahre Haft können verhängt werden – wenn es bei den Rennen Schwerverl­etzte oder gar Tote gibt. Außerdem kann ein Richter die Autos als „Tatmittel“einziehen.

Die Hamburger Staatsanwa­ltschaft führt aktuell bereits gegen 20 Personen entspreche­nde Verfahren. Erste Anklagen liegen den Gerichten vor. Juristen und Polizisten erwarten nun mit Spannung erste Gerichtsur­teile und hoffen auch auf eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng, wie der neue Paragraf angewendet werden soll. So dürfte es bei den ersten Gerichtsve­rhandlunge­n beispielsw­eise darum gehen, wie und über welche Strecke die Polizei beweissich­er ein illegales Autorennen im Stadtgebie­t dokumentie­rt.

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 ??  ?? Verkehrspo­lizisten in Zivil haben diesen Bentley auf der A1 gestoppt. Der Wagen war in Ordnung – aber der Fahrer verlor wegen Rasens den Führersche­in.
Verkehrspo­lizisten in Zivil haben diesen Bentley auf der A1 gestoppt. Der Wagen war in Ordnung – aber der Fahrer verlor wegen Rasens den Führersche­in.

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