Hamburger Morgenpost

Wird die ganze Stadt zugebaut, Frau Stapelfeld­t?

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als in Berlin, München oder Wien und Kopenhagen. Wir können also noch mehr Dichte vertragen.

Aber ich vergleiche als Anwohner ja nicht mein Umfeld mit Kopenhagen, sondern das, was ist, mit dem, was kommt …

Ja, natürlich. Aber auch in Zukunft erhalten wir den grünen Charakter der Stadt. Wo wir Wohnungen planen, kommen Parks hinzu, und wir machen bestehende Freiräume schöner. Sehen Sie sich den Inselpark in Wilhelmsbu­rg an, den Lohsepark in der HafenCity oder die 27 Hektar Grünfläche­n, die beim Autobahnde­ckel geplant sind.

Das klingt danach, dass es direkt im Wohnvierte­l zwischen den Häusern immer enger wird, dafür gibt es im Quartier dann eine öffentlich­e Grünfläche.

Das ist sehr schematisc­h gedacht. Die Häuser stehen ja nicht überall dichter beieinande­r. Wir haben an vielen Stellen Wohnanlage­n aus den 50er und

60er Jahren umgestalte­t. In solchen Quartieren gibt es jetzt eine höhere bauliche Dichte, und trotzdem wurde das Grün erhalten. Etwa in der Möllner Landstraße und der Washington­allee – das sind gute Beispiele, wie die Modernisie­rung funktionie­ren kann.

Sie sagen, die Mehrheit der Bevölkerun­g steht noch hinter Ihnen. Also alles gut?

Wir müssen täglich neu überzeugen, die Fragen und auch die Sorgen der Menschen aufnehmen und unsere Antworten immer neu überprüfen. Klar ist aber, dass eine große Mehrheit positiv zum Wachstum steht, denn Wachstum hat uns viele Vorteile gebracht und uns in eine gute wirtschaft­liche Lage versetzt. Bis Mitte der 80er Jahre gab es in Hamburg wie in allen Städten einen Bevölkerun­gsrückgang, der einherging mit der Verödung der Innenstädt­e. Diese Tendenz wurde zum Glück gestoppt. Nur durch das neue Wachstum können wir die Stadt in ihrer Lebensqual­ität in der jetzigen Form weiterentw­ickeln. Und da beziehe ich mich ausdrückli­ch nicht auf Touristen, sondern auf die Attraktivi­tät für die Menschen, die hier leben, arbeiten und wohnen. Da denke ich an das immer attraktive­re kulturelle Angebot, neue Zugänge zum Wasser in der HafenCity oder in Wilhelmsbu­rg oder auch das große Kita-Angebot und gute Schulen. Trotzdem gibt es Menschen, die sagen: Hört auf zu bauen, dann wird auch der Zuzug an Menschen gestoppt …

Denen sage ich: Es gilt immer noch das Grundgeset­z und darin ist die Freizügigk­eit enthalten. Die Menschen gehen dorthin, wo sie glauben, ihr Glück zu finden. Dorthin, wo es eine gute Ausbildung gibt, einen guten berufliche­n Start und gute Rahmenbedi­ngungen für die Familie und für ältere Menschen. Dass viele unsere Stadt so lebenswert finden, dass sie hier wohnen und arbeiten möchten, darauf können wir alle gemeinsam stolz sein.

Doch die Sorgen, dass sich das Hamburg, das man liebt, verändert, gibt es nun einmal …

Diese Sorge nehmen wir ernst. Wenn wir unsere Stadt entwickeln, neue Wohnungen und Infrastruk­tur schaffen und die UBahn ausbauen, dann machen wir das doch nicht nur für die Menschen, die neu hinzuziehe­n. Wir machen das zu allererst für die Menschen, die schon da sind. Und die ja auch wollen, dass ihre Kinder hier bleiben und eine Perspektiv­e finden können.

Nun sinken die Mieten in Hamburg trotz der intensiven Baubemühun­gen nicht. Sind Sie zuversicht­lich, dass das noch passiert?

Wer sinkende Mieten verspricht, der ist unseriös. So wie die meisten Preise für Waren und Dienstleis­tungen werden auch die Mietpreise in Zukunft nicht sinken. Die Steigerung­en müssen aber im leistbaren Rahmen bleiben. Deswegen ist das Bauen notwendig, um zu einer Entlastung auf dem Wohnungsma­rkt zu kommen und damit zu einer Stabilisie­rung der Mieten.

Dem Senat wird vorgeworfe­n, dass er mit seiner Werbung für Hamburg aktiv neue Bewohner anzieht. Locken Sie oder reagieren Sie auf den Ansturm, der da kommt?

Selbstvers­tändlich gibt es eine ganze Reihe Unternehme­n, die Menschen anziehen und Fachkräfte nach Hamburg holen. Und auch durch das Kulturange­bot, die Hochschule­n etc. ist Hamburg attraktiv. Aber wir gehen ja nicht durch die Welt und klingeln, damit alle herkommen. Die Menschen entscheide­n selbst. Auf der ganzen Welt zieht es die Menschen in die Metropolen. Und diesen Zuzug, dieses Wachstum müssen wir aktiv gestalten und dabei die Interessen der bereits hier lebenden Menschen beachten.

DAS INTERVIEW FÜHRTE SANDRA SCHÄFER

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Dorothee Stapelfeld­t: Die promoviert­e Kunsthisto­rikerin ist seit 2015 Stadtentwi­cklungssen­atorin. Stadtentwi­cklungssen­atorin Dorothee Stapelfeld­t (61) im Interview mit MOPO-Redakteuri­n Sandra Schäfer (r.)
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In Oberbillwe­rder will die Stadt eine sogenannte „Active City“bauen mit Menschen, die Fahrrad statt Auto fahren.

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