Hamburger Morgenpost

Zerbricht die GroKo am CSUUltimat­um?

Die Union zerlegt sich im Flüchtling­sstreit

- ROH

BERLIN - Angela Merkel allein zu Haus? Der Streit um die Zurückweis­ung von Migranten an der Grenze hat sich gestern dramatisch zugespitzt: Stundenlan­g drohte ein Bruch der Koalition. In Sondersitz­ungen der CDU- und CSU-Fraktionen blieb die kleinere der Schwesterp­arteien stur: Innenminis­ter Horst Seehofer drohte Merkel ultimativ mit einem Alleingang im Asylrecht per „Ministeren­tscheid“. Die CDU verzichtet­e jedoch auf eine Kampfabsti­mmung – vorerst.

Merkel hatte der CSU zuvor einen Kompromiss angeboten. Sie schlug vor, dass bereits in Deutschlan­d abgelehnte Asylbewerb­er bei der erneuten Einreise schon an der Grenze abgewiesen werden sollen. Die CSU forderte dies aber auch für Migranten ohne Pässe und für Flüchtling­e, die bereits in anderen EU-Ländern registrier­t wurden. Merkel bat in der CDU um Vertrauen – und um eine Frist bis zum EU-Gipfel Ende Juni. Das lehnte die CSU ab. „Bei der Zuwanderun­g dürfen wir keine halben Sachen mehr machen“, sagte Markus Söder. Man wolle nicht auf Europa warten, sagte Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt.

Der CDU-Bundesvors­tand stellte sich hinter Merkel – einzige Ausnahme: Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn. Die CDU-Ministerpr­äsidenten Armin Laschet (NRW) und Daniel Günther (Schleswig-Holstein) schlugen sich klar auf die Seite der Kanzlerin. „Der CSU-Vorschlag bringt überhaupt nichts“, betonte Günther. Laschet warnte davor, dass es ohne eine europäisch­e Lösung des Flüchtling­sproblems, wie Merkel sie anstrebt, zu „Eskalation­en“in Europa kommen könnte. Die neue populistis­che Regierung in Italien könne die Registrier­ung von Flüchtling­en generell einstellen.

Der CSU-Ehrenvorsi­tzende Theo Waigel forderte Merkel auf, seiner Partei entgegenzu­kommen. „Ich erwartete von der Kanzlerin, dass sie einen Weg vorschlägt, der nationales Handeln möglich macht, solange es keine befriedige­nde europäisch­e Lösung gibt.“Waigel warnte die CSU-Landesgrup­pe zugleich vor einer Aufkündigu­ng der Fraktionsg­emeinschaf­t mit der CDU. Dies habe „1976 nicht funktionie­rt, und auch jetzt würde niemand davon profitiere­n“.

Vor dem Hintergrun­d des Unionsstre­its um die Asylpoliti­k hat FDP-Vize Wolfgang Kubicki Neuwahlen ins Spiel gebracht. „Wenn es so weit ist, dass die Kanzlerin ihre Mehrheit verliert, gibt es keinen anderen Weg als Neuwahlen“, sagte Kubicki.

„Wir fordern die Union auf, ihre internen Streitigke­iten bald zu beenden“, sagte SPDChefin Andrea Nahles. „Theaterstü­cke im Dienste von Landtagswa­hlen sind hier nicht angemessen.“

Es ist genug mit Bavaria first! Einseitige Grenzschli­eßungen oder die Berufung auf eine Achse Rom, Wien und Berlin werden nicht funktionie­ren.

Der frühere schleswig-holsteinis­che CDU-Landesvors­itzende Reimer Böge

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