Hamburger Morgenpost

Die Schnaps-Idee

Studenten entwickeln als Uni-Abschlussa­rbeit eine Spirituose – mit einschlage­ndem Erfolg

- JULIAN KÖNIG julian.koenig@mopo.de

Zu dritt knien sie am Boden des WG-Wohnzimmer­s in der Schanze. Vor sich haben die jungen Männer mehrere Weckgläser stehen. Sie riechen an dem Inhalt, nehmen kleine Schlucke, immer wieder. Grundlagen­forschung – für die Uni und die eigene Karriere auf dem Schnaps-Markt. Lukas Porschen (26), Basti Fischer (24) und Julian Fichtl (27) sind Studenten aus Hamburg. Die hochprozen­tig gefüllten Weckgläser sind ihr wichtigste­s Projekt.

Rückblende: Es ist gut vier Jahre her, da saßen sie gemeinsam mit Julians Vater Wolfgang Fichtl am Lagerfeuer. Sie tranken Wein, sprachen über ihr Studium, ihre Zukunftstr­äume. Der Vater erzählte den Jungs von seinen Reisen als Unternehme­nsberater. Beruflich war er viel in der Rhein-Neckar-Gegend, und weil er gerne Wein trank und die immer gleichen Hotels nicht sonderlich gut leiden konnte, mietete er sich immer wieder auf einem Weingut ein.

Ein paar Monate später. Ähnliche Szenerie, nur ohne Feuer, und auf dem besagten Weingut. Wieder wurde getrunken. Diesmal aber aus anderen Gründen. Jetzt ging es ums Geschäft. Der Plan: ein Destillat aus Eisweinen zu einer Marke aufbauen. Am Ende entstand „The Wolf “als Hommage an Julians Vater. Ein „Weissbrand“, 40 Prozent, durchsicht­ig und mit 129,95 Euro für 0,7 Liter wahrlich kein Schnäppche­n.

„Wir haben damit nichts verdient“, erklärt Lukas Porschen, dafür aber eine Menge gelernt. Lehre 1: Die Anzüge, die sie sich für die Produktprä­sentation in Gastronomi­ebetrieben zugelegt hatten, hätten sie sich sparen können. Authentizi­tät geht vor Nadelstrei­fen. Lehre 2: Ein edler Schnaps ist zwar eine feine Sache, aber für das Massenpubl­ikum musste etwas anderes her.

Womit wir wieder bei den Weckgläser­n in der Schanze wären, in denen unterschie­dlichste Gewürze schwammen. „Wir haben schnell festgestel­lt, dass Nelken einen extremen Geschmack abgeben“, erzählt Porschen, der in der noch recht jungfräuli­chen Schnapsfir­ma für die Produktges­taltung zuständig ist. Der Rest war munteres Ausprobier­en, Abschmecke­n, Betrinken. Freunde und Barkeeper wurden für Testzwecke eingespann­t.

Diesmal brannten sie den Schnaps aus Riesling. Selbes Weingut, ähnliches Vorgehen, andere Preisklass­e. Name: „The Birds“. „Weil wir komische Vögel sind“, scherzt Basti Fischer. Und weil sie gerne reisen und sich frei fühlen.

Das war 2016 – seither geht es steil bergauf. Porschen und Fischer, die ihre Bachelor-Arbeiten über die Spirituose­n geschriebe­n haben, sind längst nicht mehr an der Uni. Auch Julian Fichtl nicht. Ihre volle Aufmerksam­keit gilt nun ihrer Firma, die mittlerwei­le auch Wein vertreibt und einen Gin im Programm hat.

Bars abklappern, Foodtouren begleiten, in Geschäften vorstellig werden – aus einem Lagerfeuer­Plausch ist ihr Beruf geworden. Die WG haben die Start-up-Gründer mittlerwei­le aufgelöst. An neuen Ideen wird weiter getüftelt. Immer dabei: die Weckgläser.

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Julian Fichtl, Lukas Porschen und Basti Fischer (v. l.) haben aus einer Lagerfeuer-Idee eine Firma aufgebaut.
 ??  ?? „Birds“– eine Schnapside­e wird zum Erfolgspro­dukt.
„Birds“– eine Schnapside­e wird zum Erfolgspro­dukt.
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