Der Anti-Erdogan wittert Morgenluft
Drei Millionen kamenzur Abschlusskundgebung von Muharrem Ince. Schafft er die Sensation und stürzt den Sultan?
ANKARA - Die größte türkische Oppositionspartei CHP hat in den vergangenen Jahren eine traurige Figur gemacht. Sie war kraftlos und verstaubt, eine Herausforderung für Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan war sie sicher nicht. Mit dem Präsidentschaftskandidaten der CHP hat sich das geändert: Muharrem Ince (54) begeistert die Massen, zumindest jene, die nach mehr als 15 Jahren genug von Erdogan haben.
Wie jetzt in der westtürkischen Küstenmetropole Izmir, wo er am Donnerstag-
abend ein Millionenpublikum anzog. Die Zeitung „Hürriyet“berichtete von „einer der größten Oppositionsveranstaltungen seit Jahren“. Nach Angaben des Kandidaten selbst kamen zu seiner Veranstaltung drei Millionen Menschen. Selbst regierungsnahe Medien meldeten zwei bis zweieinhalb Millionen Zuschauer. Izmir ist eine Hochburg der Mitte-links-Partei CHP.
Im ersten Wahlkampfmonat trat Ince mehr als 70 Mal auf. Ince gibt sich dabei als Gegenentwurf zu Erdogan: Er verspricht, ein unparteiischer Präsident zu sein, während Erdogan sich wieder an die AKP-Spitze hat wählen lassen. Ince hat den inhaftierten Präsidentschaftskandidaten der prokurdischen HDP, Selahattin Demirtas, im Gefängnis besucht – den Erdogan einen „Terroristen“nennt.
Die Krise mit Deutschland will er beenden, Erdogans Präsidialsystem wieder abschaffen, den Ausnahmezustand aufheben. Umfragen erwarten am Sonntag ein Kopf-an-Kopf-Rennen.