Ganze Post-Desaster
Eine Entschuldigung der Post? Oder gar ein Dankeschön an Frau Klisch-Ferlov? Gab’s beides nicht. Im Gegenteil. Ein hörbar genervter Post-Pressesprecher spielte die Sache am Telefon herunter und behauptete zunächst, es stimme nicht, dass die Kiste schon seit vier Tagen in dem Hausflur stand. Es sei vielmehr Post vom selben Tag, außerdem handele es sich lediglich um Zeitungen und ein paar wenige Briefe.
Als die MOPO ihm dann anhand von Fotos und den Aussagen der Leserin Klisch-Ferlov das Gegenteil bewies, räumte Sprecher Jens Hogardt ein, dass ein Auslieferungsfahrer die Kiste aus unbekannten Gründen am falschen Ort abgestellt habe – und zwar tatsächlich schon am Freitag der vorangegangenen Woche. Hogardt: „Natürlich hätte das nicht passieren dürfen. Der Mann ist ermahnt worden. Dies ist ein bedauerlicher Einzelfall.“
Zugegeben, was sind ein paar Hundert Sendungen angesichts von Milliarden Briefen und Paketen, die das Unternehmen befördert? Doch was aufhorchen lässt: Die Zahl der Beschwerden über Zustellmängel wächst auffallend. Auch bei der MOPO melden sich Woche für Woche Leser und klagen darüber, dass sie seit Tagen keine Post mehr zugestellt bekommen hätten oder dass Sendungen verschwunden seien.
Was der Grund ist? Vor allem riesiger Personalmangel! „Die Post hat – wie viele andere Unternehmen in Ballungszentren auch – das Problem, Personal auf Dauer an sich zu binden“, sagt Jens Hogardt, der Sprecher. „Viele fangen bei uns an und hören nach einiger Zeit wieder auf, weil sie merken, dass sie sich die Arbeit leichter vorgestellt haben.“
Die Post verheizt ihre Mitarbeiter. Alle Probleme sind hausgemacht. Lars-Uwe Rieck, Ver.di
Diese Antwort des Postsprechers klingt in den Ohren von Lars-Uwe Rieck wie Hohn. Rieck ist bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di der Experte für die Zustelldienste. „Die Wahrheit ist, dass die Probleme hausgemacht sind“, sagt er. „Zusteller bei der Post werden mit immer neuen befristeten Verträgen hingehalten. Da ist doch klar, dass die Leute kündigen, wenn sie woanders ein faireres Angebot bekommen.“Rieck schmunzelnd: „Wenn ich zwischen zwei miesen Jobs wählen kann, nehme ich doch den, der etwas besser ist, oder?“
Die falsche Personalpolitik, das Sparen am falschen Ende, habe zu Arbeitsbedingungen geführt, die unterirdisch seien, so Rieck. Einerseits fehle Personal. „Das führt andererseits dazu, dass diejenigen, die noch bei der Post beschäftigt sind, mit Arbeit zugeschüttet werden, bis es quietscht. Die Leute werden regelrecht verheizt. Klar, dass der Krankenstand in die Höhe schnellt.“Er liegt derzeit nach MOPO-Informationen bei rund acht Prozent. Die Folge: Es kommt vor, dass in Zustellbezirken, in denen Mitarbeiter wegen Krankheit ausfallen, tagelang nicht ausgeliefert wird. Und offenbar passieren auch noch andere Fehler – wie der mit der gelben Postkiste, die einfach irgendwo abgestellt wurde.