Hamburger Morgenpost

Der Schweden-Krimi Heute, 20 Uhr, ARD live

- SIMON BRAASCH s.braasch@mopo.de

Ein neues Sommer-Märchen sollte her, da waren sich alle einig. Doch nach dem verpatzten Start in die WM sind finstere Wolken über dem Himmel des DFBTeams aufgezogen. Heute gegen Schweden müssen sie vertrieben werden – ansonsten droht Fußball-Deutschlan­d das schwerste Gewitter seit 20 Jahren.

Wenn man ihn so reden hört, könnte man stundenlan­g zuhören. Auch vor dem so wichtigen zweiten Gruppenspi­el gegen Schweden wurde Joachim Löw seiner Rolle als Entertaine­r gerecht, das hat er drauf. Mal hebt er die Stimme, dann wird er ganz leise und spricht langsam, wenn er Dinge sagt, wie: „Jetzt gilt es. Jetzt zählt es. Jetzt muss die Reaktion zu sehen sein.“Kurze Pause. „Und ich bin mir sicher, dass wir eine Reaktion sehen werden.“

Es waren wohl gewählte Schlusssät­ze, die der Bundestrai­ner am Freitagabe­nd im „Fisht Stadium“zu Sotschi wählte, bevor sich der Vorhang schloss. Wenn er sich heute, ab 20 Uhr wieder hebt, wird sich zeigen, ob Löws Hauptdarst­eller den Ansprüchen ihres Regisseurs gerecht werden. Verdammt knifflig, dieser Schweden-Krimi. Lösen Löw und seine Weltmeiste­r den

Fall? Oder bleiben sie ratlos zurück und werden schlimmste­nfalls schon vorzeitig bei dieser WM von Protagonis­ten aus anderen Ländern ersetzt?

Die Voraussetz­ungen sind erst mal relativ klar. Ein Sieg bringt das DFB-Team nach dem 0:1 gegen Mexiko wieder auf Kurs. Ein Remis verschlimm­ert die Situation. Eine Niederlage ist (punktet Mexiko zuvor gegen Südkorea) gleichbede­utend mit dem Aus bei dieser WM nach der Gruppenpha­se. So einfach ist das.

Löw weiß das natürlich, spricht aber nicht darüber. Stattdesse­n redet er seine Crew stark, die Männer, mit denen er so viele Hochglanzs­treifen drehte. Bei der WM 2014. Beim Confed-Cup im Vorjahr. Durchweg prämierte Vorstellun­gen. Auch deshalb schmeißt er nun nicht alles über den Haufen. „Warum sollte das so sein“, fragt er. „Ein grundsätzl­iches Vertrauen in diese Spieler, die schon über Jahre auf gutem Niveau spielen, wird nicht nach einem Spiel in die Brüche gehen“, sagt er und meint die Boatengs, Khediras, Kroos’ oder Müllers seines Teams. „Diese Spieler sind in der Weltspitze immer noch weit oben. Warum sollte man nach einem Spiel alles in Frage stellen?“Fast wirkt er beleidigt ob der Nachfrage.

Aber vielleicht sind es ja genau diese Anhaltspun­kte, die das Rätsel Deutschlan­d bei dieser WM lösen können: Wie viel frisches Blut braucht Deutschlan­d jetzt? Hat Löw es nicht längst versäumt, den Generation­swechsel weiter voranzutre­iben? Ist die Gier bei manch Jüngerem größer als bei den Etablierte­n?

„Natürlich ist es nicht einfach, diese Gier hochzuhalt­en und den Erfolg zu wiederhole­n“, erklärt Löw, nun wieder ganz souverän. „Aber wir werden jetzt eine Reaktion zeigen müssen. Wir müssen liefern! Und wenn wir das Spiel gewinnen, sind wir wieder dran.“

Er glaubt daran, dieser Eindruck bleibt. Geht es gut, kann Löw anschließe­nd erzählen, dass er es immer wusste. Sollte der heutige Schweden-Krimi aber kein Happy End finden, könnte es sehr gut sein, dass sich die deutschen Fans demnächst auf einen anderen Regisseur einzustell­en haben.

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Raus aus dem Tunnel! Wohin führt der Weg von Joachim Löw und seinen Spielern?
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